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Städtebund: Sozialhilfegesetz fördert Armut und Obdachlosigkeit

Umfangreiche Stellungnahme des Österreichischen Städtebundes zum Entwurf des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes

Äußerst besorgt äußert sich der Österreichische Städtebund in seiner Stellungnahme zum geplanten Sozialhilfe-Grundsatzgesetz des Bundes im Rahmen des Begutachtungsverfahrens, das gestern, Donnerstag, zu Ende gegangen ist.

„Der Gesetzesentwurf ist unausgegoren und verfehlt schon in seinen Zielsetzungen die wichtigste Zielrichtung, nämlich die  Bekämpfung von Armut. Die österreichischen Städte sehen den Entwurf sehr kritisch und fordern eine grundlegende Überarbeitung dieses Entwurfs unter Einbindung der Städte und Gemeinden“, sagten Städtebund-Präsident Bürgermeister Michael Ludwig und  Thomas Weninger, Generalsekretär des Österreichischen Städtebundes unisono.

Die Stellungnahme des Österreichischen Städtebundes wurde auf Grundlage zahlreicher Rückmeldungen der städtischen Sozialämter bzw. Magistratsdirektionen aus allen Bundesländern verfasst, die direkt mit dem Vollzug des Gesetzes betraut sind. Insgesamt zahlen Städte und Gemeinden – je nach Bundesland etwas unterschiedlich geregelt – über die Sozialhilfeumlage auch indirekt die Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung bis zu 50 Prozent mit.

Warnung: erhöhter Verwaltungsaufwand

Der Österreichische Städtebund warnt vor dem erhöhten Verwaltungsaufwand, der durch die Umstellung auf Sachleistungen, durch die häufigen Überprüfungen und durch die statistischen Erhebungen auf Städte und Gemeinden zukommt: Alleine um die Wohnsituation zu überprüfen, wie das im Gesetzesentwurf vorgesehen ist (so muss die Einkommenssituation der MitbewohnerInnen mitberücksichtigt werden), der Nachweis bzw die Überprüfung von Deutschkenntnissen, sowie durch die Tatsache, dass Anträge jedes Jahr neu gestellt und überprüft werden müssten, erhöht sich der administrative Aufwand enorm – die genauen Folgekosten sind jedoch noch nicht abzuschätzen, weil erst die Ausführungsgesetze der Bundesländer beschlossen werden müssen. „Jedenfalls behält sich der Österreichische Städtebund vor, auf Grundlage aller Landesgesetze den Konsultationsmechanismus auszulösen“, kündigt  Generalsekretär Thomas Weninger an.

Große Bedenken gibt es bezüglich der Einschränkung für bestimmte soziale Gruppen – so sollen Subsidiär Schutzberechtigte (befristetes Asyl) keine Mindestsicherung mehr erhalten, auch für verurteilte StraftäterInnen ist nur mehr die Grundversorgung vorgesehen. „Besonders in Städten sind die Folgen von mangelnder Absicherung besonders gravierend und besonders deutlich sichtbar“, sagte Thomas Weninger.  „Was die Mindestsicherung nicht abfängt, müssen andere Sozialstellen der Städte ausgleichen, denn es ist die Pflicht und Verantwortung von BürgermeisterInnen, Notleidenden zu helfen“, sagte Weninger, „egal woher sie kommen oder welche Biografie sie haben“. 

Verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken

Zudem gibt es bei einige Regelungen – wie etwa die Abschläge bei Mehrkindfamilien – verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken.

Die ursprüngliche Intention des Gesetzes, österreichweit einheitliche Standards einzuführen, werde sich keinesfalls erfüllen, warnte Weninger, im Gegenteil: „Das Gesetz lässt viel Spielraum für die Ausführungsgesetze der Länder, dadurch wird die ungleiche Situation zwischen den Bundesländern verschärft“, warnt Weninger.

Zudem würden die kommunalen Behörden mit Aufgaben betraut, die in Wirklichkeit in die Zuständigkeit des Bundes fallen: „arbeitsmarktpolitische und fremdenpolizeiliche Ziele zu unterstützen kann und darf nicht die Aufgabe der Sozialämter sein“, sagte Weninger.

Er appellierte an die Bundesregierung, mit Ländern, Städten und Gemeinden das Gespräch zu suchen. „Städte und Gemeinden haben Tag für Tag Kontakt zu ihren Klientinnen und Klienten und haben Erfahrung in der Bekämpfung von Armut. Wenn es darum geht, das soziale Netz in Österreich intelligent weiterzuentwickeln, stehen wir als Gesprächspartner jederzeit bereit“, so Städtebund-Generalsekretär Weninger abschließend.

Die Stellungnahme finden Sie im Wortlaut unter: www.staedtebund.gv.at

Quelle: Österreichischer Städtebund