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Bildnachweis: Böhringer - Wikipedia

Familien und Junge im Ort halten

Die Vorarlberger Gemeinde Langen bei Bregenz konnte sich weiter verbessern und landete heuer auf dem zweiten Platz.
Von Agnes Kern

Wir sind sehr, sehr stolz auf unsere Platzierung. Das Ergebnis freut uns einerseits sehr, andererseits bringt es auch Bedürfnisse mit sich. Nach einem Ranking, in dem man finanziell gut gebettet ist, kommen natürlich sehr viele Wünsche aus der Bevölkerung auf – man hat ja für alles Geld,“ kommentiert Bürgermeister Josef Kirchmann das gute Abschneiden.

Lange wird es in Langen aber nicht mehr so gut aussehen, denn auch hier stehen zahlreiche große Bauvorhaben an. „Wir sind bereits mittendrin. Das Bargeld, das wir momentan haben, ist sehr viel Geld für unsere kleine Gemeinde. Aber im Gegensatz zu Nachbargemeinden, die sehr viel investiert haben und auch sehr viele Grundstücke in sehr guter Lage angekauft haben, muss ich ganz offen sagen, dass mir die Grundstücke lieber wären als das Geld.“

Bei der Infrastruktur hat die Gemeinde nämlich noch Aufholbedarf. Aber traditionsgemäß wird zuerst über die Jahre angespart, dann investiert. Danach werden die Schulden wieder eingefangen und neue Rücklagen für die nächsten Vorhaben aufgebaut. In diesem Vorgehen sieht Kirchmann auch eines der Erfolgsgeheimnisse von Langen.


Volksschule in der Gemeinde Langen bei Bregenz. Bildnachweis: Gemeinde Langen

„Unserer Gemeinde geht es uns gut, wir haben eine gute Dorfgemeinschaft. Aber genau in diesem Punkt liegen auch unsere Schmerzen, weil wir erkennen müssen, dass sich die Dorfgemeinschaft auch verändert hat. Wir sind eine stadtnahe Gemeinde. Hier haben wir ganz klare und vielseitige Herausforderungen zu bewerkstelligen“, meint Kirchmann, der seine ganz Kraft einsetzen möchte, um zu verhindern, dass diese Dorfgemeinschaft auseinanderbricht. Denn insbesondere viele Jugendliche kehren der Gemeinde in ihrer Freizeit den Rücken. „Wir verlieren zunehmend die Dorfgasthäuser. Die Gemeinde Langen hat daher ein Dorfgasthaus aufgekauft, das gerade belebt wird. Das ist eines unserer großen Projekte. Das ist ein großes Thema, dass wir es den Jugendlichen wieder schmackhaft machen, sich im eigenen Dorf zu befinden, hier fortzugehen.“ Um die Leute im Dorf zu halten, setzt die Gemeinde viele Initiativen. So wird beispielsweise auch der Sportplatz in die Dorfmitte geholt. Beim täglichen Lebensmitteleinkauf wird auf Bewusstseinsbildung gesetzt, damit der kleine Laden im Ort auch weiterhin erhalten bleibt. „Wir sind nur 10 km von der Landeshauptstadt entfernt. Da ist es natürlich schon sehr verlockend, ins nächste große Geschäft zu gehen anstatt in unseren kleinen Trödlerladen. Das müssen wir schaffen. Da sind wir seitens der öffentlichen Hand gefordert. Sonst haben wir in 10 Jahren zwar Geld, aber keine Infrastruktur vor Ort.“

Im Frühjahr 2016 startete man mit dem Bau der neuen Zufahrtsstraße zum Altersheim – eines der vielen Projekte gegen die Abwanderung. Bildnachweis: Gemeinde Langen

Um zu verhindern, dass die Eltern ihre Kinder bereits ab dem Kleinkindalter nach Bregenz bringen müssen, wird derzeit auch fest in den Ausbau der Kinderbetreuung investiert. Innerhalb eines Jahres wurde die Betreuung für Zweijährige für fünf Tage die Woche zu fünf Stunden ausgebaut. Jetzt hat jedes Kind ab 23 Monaten einen Kinderbetreuungsplatz in der Gemeinde. „Wir müssen die Familien hier halten. Sie müssen den Bezug zum Dorf haben, sonst sind die weg. Wir haben noch ein paar Gemeindebauplätze. Hier müssen wir noch mehr anbieten können.“ In den kommenden Jahren sollen auch zahlreiche Wohnungen entstehen. Des weiteren wird das in die Jahre gekommene Pflegeheim aufwendig saniert. „Auch das ist in die Zukunft geschaut, ein Projekt das unser Dorfleben belebt, denn hier haben wir 30 Teilzeitbeschäftigte, die zu 80 Prozent Frauen aus dem Dorf und er Umgebung sind. Hier ist der Mehrwert.“

„Zuallererst gilt es, der Gemeinde und den in den vergangenen Jahren involvierten Akteuren großen Respekt und Anerkennung für diese Entwicklung auszusprechen. Auch für Langen bei Bregenz war die finanzielle Situation nicht immer einfach. Diese jetzige sehr gute Platzierung ist das Ergebnis aus langjährigem, konsequentem Agieren. Beispielsweise gab es in der Vergangenheit bei größeren Investitionen einen intensiven Austausch mit der Aufsichtsbehörde, der sich in risikoaversen Entscheidungen niederschlug. Solche Prozesse bekommen den Gemeindefinanzen langfristig gut, wenngleich sie vielleicht von den Beteiligten manchmal als nicht notwendig oder sogar einschränkend wahrgenommen werden. Die Gemeinde Langen bei Bregenz ist somit ein gutes Beispiel, wie trotz unterdurchschnittlicher Erträge aus gemeindeeigenen Steuern langfristig eine solide Finanzlage erarbeitet werden kann, die wiederum Gestaltungsspielräume für die Zukunft ermöglicht“, lobt Richard Peter, der seit 1. Juli der Abteilung Gebarungskontrolle beim Amt der Vorarlberger Landesregierung vorsteht.