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Bildnachweis: Kathrin Auer

Naturnahe Standortpolitik

Die nachhaltige Weiterentwicklung bestehender Industrie- und Gewerbegebiete ist eine anspruchsvolle Herausforderung: Im Rahmen eines LEADER-Projekts wurden im Salzburger Oberpinzgau neue Lösungsansätze zur umweltverträglichen Einbindung von Gewerbeflächen untersucht und ein Leitfaden für Unternehmen erarbeitet.
Von Tony Bayer

Der zunehmende Wettbewerb zwischen den Kommunen um Betriebe und Arbeitsplätze ist eine Hauptursache des Landschaftsverbrauchs mit oftmals gravierenden Eingriffen in Natur und Landschaft. Umso wichtiger ist es, dass Nachbargemeinden in Bezug auf eine naturnahe und vor allem landschaftsgerechte Gestaltung von Gewerbegebieten untereinander kooperieren – wie das im Oberpinzgau, im Westen des Landes Salzburg, der Fall ist. Die von mächtigen Gletschern, unberührten Bergseen und bäuerlichen Kulturlandschaften geprägte Tourismusregion inmitten des 1.800 km² großen Nationalparks Hohe Tauern besteht aus insgesamt 9 Gemeinden: Niedernsill, Uttendorf, Stuhlfelden, Mittersill, Hollersbach, Bramberg am Wildkogel, Neukirchen am Großvenediger, Wald im Pinzgau und Krimml. „Es war ein großer Wunsch aus der Bevölkerung, die optisch oft wenig attraktiven Gewerbegebiete besser in unsere ökologisch sensible Umgebung einzugliedern“, schildert LEADER-Geschäftsführerin Georgia Pletzer die Ausgangslage für das Projekt. In Kooperation mit den örtlichen Gemeinden und der Abteilung Naturschutz der Salzburger Landesregierung wurden deshalb von den "allee42 landschaftsarchitekten" anhand von vier Mustergewerbegebieten konkrete Maßnahmenvorschläge ausgearbeitet, wie solche Gebiete optisch und ökologisch bestmöglich in die heimische Landschaft eingefügt werden können.

 

Kleine Schritte mit großer Wirkung

Näher untersucht wurden dabei vier verschiedene Gewerbegebiete in Niedernsill-Lengdorf, Mittersill-Burk, Mittersill-West und Neukirchen-Salzach hinsichtlich ihrer räumlichen Lage, Sichtbarkeit in der Landschaft sowie vorhandener Gestaltungsdefizite. Pletzer: „Die Vielzahl der Verbesserungsmöglichkeiten beginnt bereits bei der richtigen Standortwahl und umfasst die Einpassung in das Landschaftsbild ebenso wie eine naturnahe Außenraumgestaltung.“ Zu den wichtigsten Maßnahmen gehören demnach die gezielte Begrünung des gesamten Gewerbegeländes inklusive Nutzung der Dachflächen, die architektonische Gestaltung der Gebäude und Fassaden, die Vermeidung von durchgehend versiegelten Flächen, die Anlage von temporären Biotopen sowie die Schaffung von ansprechenden begrünten Aufenthaltsbereichen für Kunden und Mitarbeiter. „Die Pflanzung von Bäumen und Hecken, die Verwendung ruhiger Farben und natürlicher Baumaterialien aus Holz oder Stein sowie die Errichtung sickerfähiger Parkplatz- und Lagerflächen entsprechen dem heutigen Zeitgeist und gehen genau in die richtige Richtung. Mit solchen Best-Practice-Beispielen wie diesen übernimmt der Pinzgau eine echte Vorreiterrolle, an der sich andere Bezirke orientieren können“, ist Bernhard Riehl von der Naturschutzabteilung des Landes überzeugt. Ähnlich sieht dies auch Hannes Rainer von der Bezirkshauptmannschaft Zell am See, der den Gemeinden bei der Umsetzung volle Unterstützung verspricht. Wichtig sei es, bei der Genehmigung neuer Gewerbeflächen gliedernde Grünflächen gleich miteinzuplanen, empfehlen die örtlichen Bauamtsverantwortlichen den Unternehmen.

 

Praktische Tipps zum Nachlesen

Abschrecken will man potenzielle ansiedlungswillige Betriebe jedoch auf keinen Fall – ganz im Gegenteil: „Wir hoffen, dass unsere Vorschläge in Zukunft bei der Gestaltung heimischer Gewerbegebiete Anwendung finden. Deshalb laden wir Firmen, die Ihren Standort attraktiv und umweltbewusst gestalten möchten herzlich ein, sich bei uns zu informieren“, betont Georgia Pletzer, die seit 2008 das kleine Team der Leader Region Nationalpark Hohe Tauern erfolgreich leitet. "Das Ziel ist, schon im Vorfeld umweltverträgliche Konzepte anzudenken, die bei der Gestaltung eines neuen Gewerbegebietes keine großen Mehrkosten bedeuten. Viele Firmen sind durchaus offen für neue attraktive Ideen, die von Kunden und Nachbarn positiv wahrgenommen werden.“ In dem druckfrischen Leitfaden "Einbettung von Gewerbegebieten in das Landschaftsbild" sind die wichtigsten Gestaltungsgrundsätze und Tipps für landschaftlich und ökologisch verträgliche Gewerbegebiete zusammengestellt. Der Folder liegt bei den Pinzgauer Gemeinden und bei der Bezirkshauptmannschaft Zell am See auf und kann beim Leaderverein Nationalpark Hohe Tauern von interessierten Unternehmen kostenlos angefordert werden.

 

Info:

Den Folder „Einbettung von Gewerbegebieten in das Landschaftsbild“ finden Sie hier.