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Mehr Steuerverantwortung für Gemeinden und Länder

Für eine bessere Politik im Sinne der Steuerzahler setzten sich die NEOS im Rahmen einer Aktuellen Stunde zum Thema " Vom Spendierföderalismus zum Verantwortungsföderalismus" ein, mit der die Nationalratssitzung am 21. Jänner 2015 eröffnet wurde. Minister Schelling sprach sich für einen aufgabenorientierten Finanzausgleich aus.

Derzeit gebe es keine Möglichkeit, Ortskaiser und Landesfürsten, die Misswirtschaft betreiben, zur Verantwortung zu ziehen, kritisierte Gerald Loacker (N). Dieses Problem könne nach Ansicht der NEOS nur durch eine erhöhte Steuerautonomie für die Gemeinden und Länder sowie durch eine generelle Durchforstung des Finanzdschungels gelöst werden. Finanzminister Hans Jörg Schelling plädierte für eine breitere Debatte und eine grundsätzliche Aufgabenkritik auf allen Verwaltungsebenen. Er stellte eine baldige Harmonisierung des Haushaltsrechts in Aussicht und sprach sich für eine transparentere Gestaltung der Finanzströme aus. 

NEOS für regionale Steuerautonomie und Transparenz der öffentlichen Haushalte

NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker appellierte an den Finanzminister, nicht länger die Verschwender in den Gemeinden und Ländern zu schützen, sondern die Steuerzahler. An den Beispielen der Städten Linz und Wien, die beide umfangreiche Frankengeschäfte getätigt haben, sehe man deutlich, dass Fehlentscheidungen derzeit keine Konsequenzen für die politisch Verantwortlichen nach sich ziehen. Auf der anderen Seite haben jene Bürgermeister, die auf eine sparsame Gebarung achten, auch nichts davon. Es gebe auch nach wie vor kein Insolvenzrecht für die Gebietskörperschaften und einheitliche Rechnungslegungsvorschriften für alle Bundesländer, beklagte Loacker. Generell trat er dafür ein, die Bereiche Steuerreform und Finanzausgleich, die im Jahr 2015 auf der politischen Agenda stehen und wie Zahnräder ineinandergreifen, gemeinsam zu behandeln.

Die von den NEOS vorgeschlagenen Lösungen, die von zahlreichen Experten und auch bereits von einer Mehrheit der Landeshauptleute unterstützt werden, liegen in einer erhöhten Steuerautonomie für Kommunen und Länder und einer Lichtung des Finanzdschungels. Damit könne der politische Opportunismus, der gerade im Vorfeld von Gemeinderatswahlen, wo dann Versammlungssäle renoviert, Schulen erneuert und Feuerwehrautos angeschafft werden, massiv zunehme, verhindert werden. Nur wenn eine regionale Steuerautonomie etabliert wird, können die Bürger davor geschützt werden, ständig geschröpft zu werden, war Loacker überzeugt. Dann könnte man auch endlich Vergleiche zwischen den Gebietskörperschaften ziehen und dann müsse sich auch ein Landeshauptmann rechtfertigen, warum z.B. die Einkommensteuer in seinem Bundesland höher ist als in anderen.

In die gleiche Kerbe schlug auch der Klubobmann der NEOS, Matthias Strolz, der eine neue Verantwortungskultur für Österreich reklamierte. Wenn es nicht bald eine Mentalitätsreform und somit eine Rechenschaftspflicht für alle getätigten Ausgaben gibt, werde der Wohlstand des Landes immer mehr abnehmen. Schon jetzt müssen die unter 30-Jährigen feststellen, dass sie im Vergleich zu den Jahren Anfang 2000 um 10 % weniger Geld für ihr Leben zur Verfügung haben und dass sich auch Doppelverdiener kein Eigenheim mehr leisten können. Was die Pläne von Finanzminister Schelling anbelangt, so werden die NEOS ihn dabei voll unterstützen, erklärte Strolz. Er befürchte jedoch, dass ihn die zwei Regierungsparteien an der Umsetzung hindern werden. Beate Meinl-Reisinger (N) sprach noch den Bereich der Förderungen an, für den insgesamt 19 Mrd. Euro ausgegeben werden; hier wäre eine Reform dringend notwendig.

Schelling kündigt baldige Harmonisierung des Haushaltsrechts an

Die NEOS haben ein sehr wichtiges Thema zur Sprache gebracht, räumte Finanzminister Hans Jörg Schelling ein, dieses sollte allerdings nicht dazu benutzt werden, um Pauschalverurteilungen zu machen. Auch glaube er, dass die Frage "zentral oder dezentral" zu kurz greife. Es gehe generell um das Prinzip der Subsidiarität, betonte der Minister, also darum, auf welcher Ebene welche Leistung wie erbracht werden soll.

Was die geplante Steuerreform, die im März 2015 beschlossen werden soll, anbelangt, so ergeben sich dadurch natürlich Auswirkungen auf den laufenden Finanzausgleich und auch auf die budgetäre Planung der Länder. Er halte es aber grundsätzlich für wichtig, eine Aufgabenkritik zu machen und sich zu überlegen, wie in Zukunft auf allen Ebenen Verantwortung wahrgenommen wird. Der Minister zeigte sich auch offen gegenüber dem Vorschlag, über die Einführung autonome Steuern zu diskutieren. Dazu gebe es aber auch unterschiedliche Meinungen in den Bundesländern, hielt er Loacker entgegen. Am Ende der Debatte sollte jedenfalls ein aufgabenorientierter Finanzausgleich stehen, in dem Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten in einer Hand gebündelt werden. Er halte nämlich nichts davon, wenn einer bestellt und der andere bezahlt, brachte es Schelling auf den Punkt.

Keinen Zweifel ließ Schelling daran, dass die Finanzströme von den Ländern zu den Kommunen transparenter gestaltet werden müssen. Hier sei man auch auf einem guten Weg, informierte der Ressortchef, "die Harmonisierung des Haushaltsrechts sei so gut wie durchverhandelt". Derzeit werden intensive Gespräche mit dem Rechnungshof geführt, um noch im ersten Quartal 2015 zu einer Lösung zu kommen.  

SPÖ: Gerechte und einheitliche Steuerspielregeln für ganz Europa

Christoph Matznetter (S) hielt es für legitim, sich Gedanken darüber zu machen, ob man wirklich fünf Verwaltungsebenen braucht. Zahlreiche Vorschläge dazu gab es auch bereits in der Vergangenheit, erinnerte er. Aber jedes Mal, wenn ein Politiker einen Vorstoß in diese Richtung machte – z. B. Ex-Bundeskanzler Gusenbauer trat für die Abschaffung der Bezirksebene ein – wurde er "öffentlich hingerichtet". Was die Diskussion über die Einhebung der Gelder betrifft, so liege das Problem weniger bei den Kommunen, sondern vielmehr darin, dass die in Europa vertretenen internationalen Konzerne in den meisten Ländern fast keine Steuern mehr bezahlen. Zu Recht habe Minister Schelling vor einem ruinösen Steuerwettbewerb zwischen den einzelnen Gebietskörperschaften gewarnt, dieser schade nämlich allen, unterstrich Matznetter. Sein Fraktionskollege Klaus Uwe Feichtinger befasste sich kritisch mit dem Steuerkonzept der NEOS, das zum Großteil aus Umschichtungen besteht und negative Auswirkungen vor allem für die Arbeitnehmer haben würde.

ÖVP: Reform der Kompetenzverteilung und Deregulierung ist auf einem guten Weg

Entscheidungen sollen dort fallen, wo die Menschen direkt davon betroffen sind, meinte Nikolaus Prinz von der ÖVP. Es sei natürlich immer wieder notwendig, über Kompetenzbereinigungen und die gerechte Verteilung von Steuern zu diskutieren, aber mit Augenmaß und nicht mit der Brechstange, wie dies die NEOS tun. Auch ÖVP-Mandatar Michael Hammer warf den NEOS eine zentralistische und bürgerferne Haltung vor. Prinz trat ebenso wie Schelling dafür ein, die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten unter einen Hut zu bringen. Dafür brauche es zunächst aber eine Aufgabenreform, um zu klären, was die Kommunen und Länder selbst erledigen können. Danach können erst die Kompetenzen der einzelnen Gebietskörperschaften festgelegt werden. Als Grundprinzip müsse jedenfalls gelten, dass jeder Bürger und jede Bürgerin gleich viel wert sind, unterstrich Prinz, der abgestufte Bevölkerungsschlüssel müsse endlich abgeschafft werden. Es sei ihm zudem ein wichtiges persönliches Anliegen, dass der ländliche Raum nicht durch eine ungerechte Verteilung der Mittel in seiner Entwicklung behindert wird. Am Beispiel von Oberösterreich illustrierte er schließlich noch, dass es schon sehr viele positive Beispiele für eine konstruktive Zusammenarbeit von Gemeinden und das Ausnutzen von Synergien gibt.

FPÖ beklagt generellen Reformstillstand

FPÖ-Mandatar Walter Rosenkranz gab in Richtung der Koalitionsredner zu bedenken, dass man seit Jahrzehnten Ankündigungen höre, die aber nie umgesetzt werden. Die Freiheitlichen befürworten einen konstruktiven Föderalismus, da die Verantwortungskompetenz dort hingehöre, wo man näher bei den Menschen ist. Die politische Realität in Österreich sehe jedoch völlig anders aus, urteilte Rosenkranz, denn sie sei geprägt von Blockierern, Betonierern und Politikern, die nur auf ihren Machterhalt und dessen Ausbau bedacht sind. Zu einer ähnlichen Analyse kam der freiheitliche Abgeordnete Hubert Fuchs, der sich für die rasche Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofs zu einer Verwaltungsreform einsetzte. Durch die Zusammenführung der Aufgaben, der Ausgaben und der Finanzierungsverantwortung könnte nicht nur auf die Präferenzen der Bürger besser eingegangen werden, sondern vor allem ein effizienterer Einsatz der öffentlichen Mittel gewährleistet werden. Gleichzeitig müsse garantiert werden, dass es nicht zu einem zusätzlichen bürokratischem Aufwand und zu einer Erhöhung der Abgabenquote kommt, gab Fuchs zu bedenken. Schließlich plädierte er noch für einen Ausweitung der direkten Demokratie, die u.a. positive Auswirkungen auf den Staatshaushalt habe.

Grüne: Ineffiziente Strukturen führen zur Verschwendung öffentlicher Mittel

Eine konstruktive Debatte über den Föderalismus, die es seit Jahrzehnten nicht gibt, wäre dringend notwendig, meinte Bruno Rossmann von den Grünen, der auf erhebliche Systemmängel und finanzpolitischen Schieflagen hinwies. Die Probleme reichen von der mangelnden Steuerhoheit von Ländern und Gemeinden, dem Fehlen von strategischen Zielen bis hin zum ungelösten Transferchaos. Ein aufgabenorientierter Finanzausgleich sei daher das Gebot der Stunde. Wenn man all diese Aufgaben nicht löst, werden weiterhin die Machtspiele auf den Rücken der Bürger ausgetragen und ineffiziente, teure Strukturen aufrechterhalten, warnte Rossmann. Seine Fraktionskollegin Daniela Musiol wies auf einen weiteren problematischen Umstand hin, nämlich die Tatsache, dass viele Abgeordnete über die Landeslisten in den Nationalrat einziehen und daher von den Landesfürsten direkt abhängig sind. Die Auswirkungen dieser Vorgangsweise spüre man ganz stark bei allen Diskussionen, vor allem wenn es um Kompetenzverteilungen geht.

Rossmann plädierte für ein Föderalismus-Modell Neu, das flexible, differenzierte und partnerschaftliche Lösungen beinhaltet und das Miteinander in den Vordergrund stellt. Im konkreten bedeute dies u.a. die Definition von Einzelprojekten in diversen Bereichen (Schule, Kinderbetreuung, Gesundheit, öffentlicher Verkehr, etc.), erläuterte Rossmann. Gleichzeitig brauche man natürlich auch ein einheitliches Haushaltsrecht sowie eine stärkere Beteiligung der Bürger.

Team Stronach kritisiert teure Staatstrukturen und mangelnde Transparenz in der Finanzgebarung

Kathrin Nachbaur vom Team Stronach sah die Ursache für die meisten Probleme im "gefräßigen Staat" und in der rekordverdächtigen Steuern- und Abgabenlast von über 45 %. Wenn in Österreich dieselben Steuersätze gelten würden wie z.B. in Deutschland, blieben jedem Bürger und jeder Bürgerin rund 1.700 € pro Jahr mehr in der Geldbörse übrig. Auch bei der Reallohnentwicklung schneide man viel schlechter ab, denn die Gehälter sinken in Österreich seit sechs Jahren. Nachbaur forderte zudem die sofortige Abschaffung der kalten Progression, durch die den Steuerzahlern 3 Mrd. € weggenommen werden. Ihre Partei trete mit Nachdruck für eine Neugestaltung der ineffizienten Staatsstrukturen ein, die derzeit in einem Einnahmenzentralismus und einen Ausgabenföderalismus bestehen. Ebenso wie Robert Lugar forderte sie ein Insolvenzrecht für alle Gebietskörperschaften, völlige Transparenz in Bezug auf Haftungen und Schulden, eine gewisse Steuerhoheit auf föderaler Ebene und eine stärkere Beteiligung der Bürger. Wenn man eine Reform will, dann müsse man die Länder, die das Geld mit vollen Händen hinausschmeissen, beschneiden, war Lugar überzeugt. Da es erstmals einen wirklichen unabhängigen Finanzminister gibt, sollte diese Chance nun auch genutzt werden.

Quelle: Parlamentskorrespondenz Nr. 30 vom 21.01.2015