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Die Minen der Zukunft

Die Forschung und die Abfallwirtschaft entdecken die Stadt und den Müll von gestern als Rohstofflager der Zukunft. "Urban Mining" und "Landfill Mining" nennen das die Fachleute. Von Robert Koch

Wo befindet sich Österreichs größte Kupfer-Lagerstätte? Im Inntal, am Mitterberg bei Mühlbach, in Öblarn oder Radmer? Weit gefehlt. Das meiste Kupfer findet man heute in Gebäuden, Maschinen, Kommunikations- und Stromnetzen – und nicht im Berg. Fast eineinhalb Millionen Tonnen des Buntmetalls „lagern“ in der heimischen „Anthroposphäre“, wie es im Bundesabfallwirtschaftsplan 2011 heißt, also in Wasser- und Heizungsrohren, Strom- und Telefonleitungen, Blechen, Eisenbahn, Autos, Haushaltsgeräten, PCs, Handys und so weiter.

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BILDNACHWEIS: WERNER DREBLOW - FOTOLIA.COM

Steirisches Forschungsprojekt

Nachdem – nicht nur – der Kupferbergbau in Österreich längst eingestellt ist, wird das Recycling immer wichtiger. „Urban Mining“ heißt das auf Neudeutsch oder „Landfill Mining“, wenn man in den Mülldeponien der Vergangenheit nach Rohstoffen für die Zukunft gräbt. Und darin lässt sich so manches finden, hofft man derzeit in der Steiermark. Im März startete ein gemeinsames Projekt des Umwelttechnologieclusters „Eco World Styria“ mit der TU Graz, der Montanuniversität Leoben und einer Reihe von Technologieunternehmen. Das Ziel ist die Entwicklung geeigneter Techniken „zur Bergung der schlummernden Müll-Schätze“. Erforscht werden sollen Wirtschaftlichkeitsaspekte künftiger Deponierückbaukonzepte, Aufbereitungs- und Sortiertechnologien sowie Verfahren für die Sekundärrohstoffindustrie.

Allein in der Steiermark wurden in den vergangenen 50 Jahren 32 Millionen Tonnen Abfälle vergraben – in 147 Deponien, 384 Altablagerungen, 18 Altlasten sowie 141 Verdachtsflächen. „Vor allem in älteren Deponien finden sich auch Wertstoffe, die in Zeiten des stetig wachsenden Ressourcenbedarfs wieder einer Nutzung zugeführt werden sollten. Somit sind Deponien als mögliche Rohstofflager für die Wirtschaft von großem Interesse“, erklärt der steirische Landesrat Johann Seitinger.

Die Schublade als Mine

Während man beim „Landfill Mining“ meistens genau weiß, wo man suchen muss, gestaltet sich die Rohstoffsuche beim „Urban Mining“ schwieriger. In der Deponie liegen die „Schätze“ auf einem Haufen, in der Stadt oder im Dorf aber sind sie auf unzählige private Keller, Garagen oder Rumpelkammern verteilt.

Gut die Hälfte aller Handys, so eine Google-Marktbefragung, verschwinden einfach in der Schublade, sobald das Nachfolgemodell in Betrieb genommen wird. Laut Wirefly.org, dem größten amerikanischen Handy-Online-Händler, wechselt der Durchschnittskunde alle 18 Monate sein Handy. So haben sich laut MarketWatch allein in den USA ungenützte Mobiltelefone im Wert von 34 Milliarden Dollar angesammelt. Um die darin enthaltenen Schätze wie Gold, Palladium und Kupfer zu bergen, benötigt man kein Geologiestudium, jedoch eine Menge an Bewusstseins- und Organisationsarbeit.