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Diese dreigeschoßige Passiv-Wohnhausanlage in Gießhübl wurde – von Vario-Bau – in 36 Wochen errichtet. BILDNACHWEIS: VARIO

Fertighaus will hoch hinaus

Kommunen und Bauträger entdecken zunehmend die Vorteile der Vorfertigung: Immer mehr großvolumige Gebäude entstehen in Fertigbauweise – und zwar in ganz Europa. Von Paul Christian Jezek

Es ist beileibe kein Zufall, dass Elk Fertighaus als Partner der iconvienna 2013 neben Stadt und Wirtschaftskammer Wien, AIT oder Warimpex auftritt: Mit dem Begriff „Fertighaus“ verbindet man im Frühling 2013 nun einmal schon weit mehr als „nur“ Einfamilienhäuser „von der Stange“. Wobei ja auch die letztgenannte Einschätzung nicht stimmt und nie korrekt war – aber das ist eine andere Geschichte.

Vorteile des Fertigbaus gibt es also auch für Auftraggeber von Großprojekten: Kommunen, Kommunen, Bauträger und Wohnbaugenossenschaften wenden sich immer öfter an Fertigbaubetriebe und sind mit den Möglichkeiten und Leistungen der Hersteller durchaus zufrieden. Generell handelt es sich um einen europaweiten Trend, denn das zunehmende ökologische Bewusstsein beflügelt die Nachfrage nach nachhaltigen Baumaterialien. Und wenn es zudem zur Einführung einer Lebenszykluskostenrechnung mit Berücksichtigung der sogenannten „grauen Energie“ kommt, steht Europa eine Renaissance des Baumaterials Holz bevor.

Profitieren davon wird in erster Linie die Fertighausbranche, die schon jetzt mit hohen Energiestandards arbeitet. Davon sind die Experten der Unternehmensberatung Arthur D. Little überzeugt, die den europäischen Markt eingehend analysiert haben. So wird aufgrund der ökologischen, ökonomischen und energetischen Vorteile von Fertighäusern die Branche in Deutschland in den nächsten Jahren um sieben Prozent jährlich wachsen. „Auch in Österreich wird der Bereich deutliches Wachstum verzeichnen können“, ist Wilhelm Lerner, Partner bei der Unternehmensberatung Arthur D. Little und Experte für Strategien der Bauwirtschaft, überzeugt – „auch wenn das Plus aufgrund des bereits sehr hohen Marktanteils von Fertighäusern etwas niedriger ausfallen könnte als in Deutschland“.

Technologiesprung

Allgemein unterscheiden sich Fertighäuser von der konventionellen Bauweise vor allem darin, dass elementare Bauteile wie etwa Böden, Wände, Decken und Treppen industriell im Werk des Fertighaus-Herstellers produziert und an der Baustelle zusammengefügt werden. Vor Jahrzehnten noch verspottet, profitierte die Branche dann von Technologiesprüngen in der Baustoffwirtschaft. „Dadurch überholten Fertighäuser die traditionell mit Architekt und den verschiedenen Gewerken gebauten Häuser nicht nur preislich, sondern auch beim Energieverbrauch“, berichtet Lerner.

Bisher nutzten Bauherren die Fertigbauweise fast ausschließlich für Ein- und Zweifamilienhäuser; die Erweiterung des Bürogebäudes weist aber den Trend in Richtung mehrgeschoßiges Fertighaus oder mehrgeschoßiger Holzbau. „Immer mehr Wohnhausanlagen, Reihenhäuser, Bürogebäude, Schulen und Kindergärten sowie andere kommunale Bauten entstehen in Fertigbauweise“, sagt der Präsident des Österreichischen Fertighausverbandes (ÖFV), Roland Suter. „Viele Vorteile, die sich beim Einfamilienhausbau gezeigt haben, gelten eins zu eins auch für den großvolumigen Bau.“

Wenn Zeit zu Geld wird

Ein wesentlicher Pluspunkt industriell vorgefertigter Bauteile ist die kurze Bauzeit auf der Baustelle – ein Argument, das im großvolumigen kommunalen Bau besondere Bedeutung erlangt. „Die Anrainer werden deutlich weniger gestört, der Straßenverkehr wird kaum beeinträchtigt, Lärm- und Staubbelästigung werden auf ein Minimum reduziert und die Gebäude sind rascher nutzbar, da Austrocknungszeiten und wetterbedingte Baustopps nicht ins Gewicht fallen“, erläutert ÖFV-Vizepräsident Friedrich Schachner.

Auch finanziell bringt eine rasche und termingerechte Fertigstellung Vorteile: Mieteinnahmen fließen früher und kostenintensive Zwischenlösungen und Provisorien – etwa beim Neu- oder Ausbau eines Post- oder Gemeindeamtes oder einer Schule – sind entweder gar nicht erforderlich oder können schon nach kurzer Zeit wieder aufgegeben werden. Suter: „Im Fertigbau ist jede architektonische Vorgabe realisierbar. Die großen Vorteile liegen für die Planer darin, dass sie je nach den Anforderungen auf hunderte erprobte Wandaufbauten aus allen denkbaren Materialien zurückgreifen können.“ Je nach Bedarf (Energiekennzahlen, bauphysikalische Anforderungen, Erscheinungsbild etc.) kann mit den fertig konzipierten Systemen geplant werden. Bei der Umsetzung des Bauprojekts wird die Zahl der Einzelgewerke deutlich verringert – der Fertigbauproduzent tritt häufig als Generalunternehmer auf. Das bedeutet für den Bauherrn weniger Koordinationsaufwand und nur einen Ansprechpartner. Durch die Vorfertigung ergibt sich in der Regel auch eine sehr viel genauere Kostenplanung.

Nicht immer nur Neubau

Und noch ein wesentliches Argument: Während die Branche häufig auf den Neubau von Gebäuden beschränkt gesehen wird, kann in Fertigbauweisen zu-, an- und aufgebaut werden. Und hier gilt ganz speziell: Tempo schont die Nerven von Anrainern und Nutzern des Gebäudes während der Erweiterungen. „Die Angebotspalette ist vielfältig. Das Spektrum reicht von Dachgeschoßaufbauten über Schulzubauten bis hin zu Anbaulösungen – etwa wenn es darum geht, Baulücken zu schließen“, sagt Schachner. „Denn vorgefertigte Elemente in Holzbauweise sind prädestiniert für den Aufbau. Ihr geringes Gewicht und die hohe Erdbebensicherheit wirken sich ebenso positiv aus wie die Tatsache, dass durch die Vorfertigung das Gebäude schneller wieder dicht gemacht werden kann und der Altbestand nicht durch Witterungseinflüsse in Mitleidenschaft gezogen wird.“

An- und Zubauten können binnen Wochen fertiggestellt werden. Die kommenden Sommerferien reichen zum Beispiel locker aus, um eine Schule oder einen Kindergarten zu erweitern.

Interessante Perspektiven bietet auch die Gebäudesanierung für den Fertigbau. Die vorgefertigten Wandelemente werden einfach an der bestehenden Fassade angebracht. Das Bestandsgebäude bekommt eine Art Mantel, der nicht nur für die thermische Optimierung der Gebäudehülle sorgt, sondern auch über Einbauten wie Be- und Entlüftungsleitungen, Solarthermieflächen oder integrierte Photovoltaik verfügt. Die neuen Fenster sind in den Elementen schon enthalten, das Element wird einfach an der Fassade angebracht und im Anschluss werden die alten Fenster innenseitig entfernt.

Rund um den Globus

Aus der ELK Fertighaus AG ist in den vergangenen Jahren schlicht und einfach ein Global Player im Wohn- und Objektbau geworden. Kurze Bauzeit, Kostentransparenz oder Energieeffizienz überzeugen nicht nur

(Einfamilien-)Hausbauer, sondern auch Bauträger, Hotelbetreiber und internationale Developer. So realisiert ELK Building Systems heuer zum Beispiel in Oxford (Großbritannien) zwei mehrgeschoßige Gebäude mit insgesamt 190 Studentenwohnungen. Am 8. Jänner 2013 war Baubeginn, eine Woche später standen bereits alle Stockwerke des ersten Bauabschnitts. Die Wände wurden komplett fertig nach Oxford geliefert, inklusive eingebauter Sanitär-, Elektro- und Heizungsinstallation. Anfang März waren bereits beide Wohnblöcke fertig montiert, derzeit werden die Innenarbeiten durchgeführt.

Für die neu gegründete Universität in Mazedonien wiederum realisierte ELK alle 34 Gebäude (Universität, Verwaltung, Studentenwohnheim) mit einer Gesamtnutzfläche von 22.000 m2. Auftraggeber sind OSZE und Mitgliedstaaten, EU-Kommission, The Open Society Institute, USAID etc. Die Planung führte ELK in Kooperation mit dem Architekturbüro Surface Architects (UK) durch. Die schlüsselfertige Bauzeit dauerte nur zehn Monate. Wände, Böden und Dachpaneele inklusive Türen, Fenstern und elektrischer Verkabelung wurden in Österreich fertiggestellt – die Errichtung der Gebäude vor Ort führte ELK in Kooperation mit lokalen Arbeitern durch.

Außerdem hat ELK in Österreich, Deutschland und der Schweiz seit 2006 mehr als ein Dutzend Motels und ein Fertighotel gebaut, das größte davon hat 120 Betten.

Variantenreichtum

„In den letzten Jahren ist das Segment des mehrgeschoßigen Fertighausbaus stark gestiegen, denn für den kommunalen Wohnbau zählen Preisgarantie, Qualitätsgarantie und Fertigstellungsgarantie“, meint ÖFV-Präsident Roland Suter, im „Hauptberuf“ geschäftsführender Gesellschafter von Hartl Haus. „Dass die Großprojekte in Passivhaus-Standard gebaut werden und damit sehr gute Energiewerte erreichen, ist eine Selbstverständlichkeit.

In der Regel beginnt auch die Vermietung oder der Verkauf von Wohnungen oder Reihenhäusern vor dem Baubeginn und deshalb ist es für Wohnbaugenossenschaften umso wichtiger, dass es keine bösen Überraschungen gibt und keine zusätzlichen Kosten auf sie zukommen. Das sichern wir mit einer Fixpreisgarantie.“ Deshalb kommen laut Suter immer mehr Wohnbaugenossenschaften auf Hartl zu, um Reihenhausprojekte oder Wohnhäuser mit dem Waldviertler Traditionsunternehmen zu realisieren. Die jahrelange Erfahrung in diesem Bereich sowie bewährte Konzepte sorgen für einen einwandfreien Ablauf bei Großprojekten dieser Art. Eine Besonderheit bei Hartl Haus ist laut Suter der Bau von Golfclubhäusern. Der Zeitfaktor spielt bei allen Projekten eine wesentliche Rolle – so auch hier, denn Hartl baut die Clubhäuser in der spielfreien Zeit zwischen Saisonende und Saisonbeginn und somit gibt es keinerlei Einbußen für den Golfclub.

Vario-Bau-Chef Josef Gruber – Suters Vorgänger als Präsident des Fertighausverbandes – berichtet public gleich von mehreren mehrgeschoßigen Wohngebäuden, die sein Unternehmen errichtet hat – ob in Wien, im niederösterreichischen Gießhübl oder im burgenländischen Neusiedl. Die Bauzeiten variierten dabei von 18 bis 36 Wochen.

Auch ein dreigeschoßiges Zahnarzt- und Gesundheitshaus in Niedrigstenergie-Bauweise mit einer Nettogrundrissfläche von 935 und einer bebauten Fläche von 391 m2, in dem nun vier Zahnärzte das gesamte Spektrum der modernen Zahnheilkunde anbieten, wurde vor einigen Monaten von Vario-Bau fertiggestellt. „Zusätzlich haben sich ein Allgemeinmediziner, eine Psychologin, eine Osteopathin und eine Kosmetikerin im Haus angesiedelt“, beschreibt Gruber das Gesundheitshaus in Velden am Wörthersee. Der Spatenstich erfolgte Anfang September 2011, die Eröffnung war schon im Juli 2012.

Wolf Systembau wiederum hat vor Kurzem einen 1,7-Millionen-Euro-Auftrag im Gewerbebau an Land gezogen, den die TISP GmbH (Technologiepark Gampern und Softwarepark Hagenberg) als Bauherr für die Unternehmensgruppe STIWA Group zu vergeben hatte.

Errichtet wird ein Technologieentwicklungszentrum für Automationssysteme (Mechatronik- und Softwareentwicklung) – der dafür notwendige Stahlbau einer eingeschoßigen, dreischiffigen Halle mit 3.800 m2 und zwölf Metern Höhe mit angeschlossenen hallennahen Büros wurde von November 2012 bis Jänner 2013 geplant. Im Mai will man bereits fertig werden. „Hier bewährt sich unser Konzept, alles aus einer Hand anzubieten“, sagt Wolf-Geschäftsführer Thomas Stadler. „Von der Planung, Statik und Arbeitsvorbereitung über die eigene Produktion in Österreich bis hin zu Fundamentbau und zur fertigen Montage wird alles aus unserem Haus geliefert.“