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Land der Museen

Österreich beherbergt rund 1.000 Museen und fast noch einmal so viele museumsverwandte Einrichtungen. Manche sind ein Heuler, viele eher zum Heulen.
Von Robert Koch

Öffnungszeiten: Freitag, 17 – 18 Uhr, oder gegen telefonische Voranmeldung. So steht es am Eingang zu vielen kleinen Museen geschrieben. Auch das Gemeindemuseum und das Alpsennereimuseum Hittisau haben nur einmal pro Woche geöffnet. Doch die Vorarlberger 1.900-Seelen-Gemeinde hat noch ein drittes Museum zu bieten, das im Jahr 2000 gegründete Frauenmuseum Hittisau. Dieses sorgte nicht nur für überregionale Beachtung, sondern schaffte es auch als einziges kleines Museum im ländlichen Raum auf eine Standard-Briefmarke der Österreichischen Post.

Kontinuierliche Kulturarbeit

Was macht das Museum abseits der Ballungsräume so erfolgreich? „Man muss sehr präzise im Museumskonzept sein, genau wissen, was man erreichen und erzählen will“, erklärt die Direktorin des Frauenmuseums Stefania Pitscheider-Soraperra. „Unsere Themen gehen einerseits weit über die dörfliche Auseinandersetzung hinaus – andererseits können wir nur funktionieren, weil wir im Ort verankert sind.“ Das Gebäude wird samt Instandhaltung und Heizung von der Gemeinde zur Verfügung gestellt. In der Folge konnten auch das Frauenreferat und die Kulturabteilung des Landes Vorarlberg als Förderer gewonnen werden. Nach über zehn Jahren engagierter Kulturarbeit tragen nun auch Kultur- und Frauenministerium ihr Scherflein bei.

Während das Frauenmuseum Hittisau finanziell auch dank Förderverein und Publikumserfolgen „relativ gut aufgestellt“ (Pitscheider-Soraperra) ist, kämpfen viele kleine Museen ums nackte Überleben. „Wir haben drei wesentliche Probleme, ein finanzielles, eine gewisse Überalterung sowie auch ein massives Qualitätsproblem“, umreißt Stefan Traxler, Geschäftsführer des Museumsbunds Österreich, die Lage der heimischen Museumslandschaft. Viele der kleineren Einrichtungen werden ehrenamtlich betrieben, oft von Pensionisten. Und oft ist auch die Nachfolge ungeklärt. Die Eintrittsgelder decken in der Regel nur einen Bruchteil der Kosten.

Das Kulturerbe zerfällt

„Man kann immer über die Präsentation diskutieren“, meint Traxler, „aber beim Qualitätsproblem geht es vor allem darum, dass Objekte vom Zerfall bedroht sind, dass die Standards in Depots vielfach nicht eingehalten werden können. Es fehlen Restauratoren, Konservatoren und Kuratoren, die das fachliche Know-how einbringen könnten.“ Auch in Großbritannien bestand dieses Problem. Doch im Rahmen des Programms „Renaissance in the Regions“ wurden in jeder Region Leitmuseen definiert und personell gut ausgestattet. Diese betreuen nun die kleineren Museen wissenschaftlich und restauratorisch.

Trotz aller Probleme meint Traxler: „Museen rechnen sich, aber natürlich nicht direkt, sondern durch Umwegrentabilität.“ Das beweist auch das Frauenmuseum. Nun verdienen sich insgesamt 20 Kulturvermittlerinnen aus dem Ort ein paar Euro im Museum dazu. Und die Gemeinde profitiert von ihrem gestiegenen Bekanntheitsgrad. Mit einem Heimatmuseum, wie es ursprünglich geplant war, wäre dies wohl nicht gelungen.   

 Museumsstreifzug


Burgenland: Im Gemeindeamt von Rechnitz ist das Stiefelmachermuseum untergebracht. Gutes Schuhwerk kann auch bei der Besichtigung des Bernsteiner Felsenmuseums nicht schaden. Bierdeckelsammler sollten sich das Bierarium in Oberwart nicht entgehen lassen. Hochprozentiges gibt es im Schnapsmuseum der Brennerei Lagler in Kukmirn (bei Güssing) zu besichtigen und zu verkosten.

Kärnten: Im Pilzmuseum in Treffen (nördlich von Villach) gibt es alles Wissenswerte für Schwammerlsucher. Das Eboardmuseum in Klagenfurt wartet mit 1.000 Exponaten auf:

E-Pianos, Synthesizer, elektromagnetische Hammond-Orgeln, Sampler und so weiter.

Niederösterreich: In einem Klassenzimmer der ehemaligen Volksschule Hardegg ist das Guckkastenmuseum untergebracht. Fällt die Fahrrad-Tour ins Wasser, auf ins Fahrradmuseum nach Retz! Menschen mit Sinn für schrägen Humor sind im Nonseum in Herrnbaumgarten bestens aufgehoben – nirgendwo sonst gibt es einen halbautomatischen Nasenbohrer und ähnlich sinnlose Erfindungen zu sehen.

Oberösterreich: Die Mechanische Klangfabrik in Haslach an der Mühl verspricht ein Fest für Augen und Ohren. In der Villa Sinnenreich in Rohrbach werden zusätzlich Tastsinn und Geschmackssinn angesprochen – das Museum der Wahrnehmung widmet sich vor allem Sinnestäuschungen. Nichts für Zartbesaitete ist das Österreichische Kriminalmuseum im Schloss Scharnstein. Folterwerkzeuge anderer Art gibt es im Linzer Zahnmuseum.

Salzburg: In der Käsewelt in Schleedorf kann man bei der Käseproduktion zusehen, aber auch selbst zupacken. Mit europäischem Spielzeug der vergangenen 250 Jahre lockt das Spielzeugmuseum in Salzburg. Weit beschaulicher geht es im Stille Nacht Museum und im benachbarten Keltenmuseum in Hallein zu.

Steiermark: Im Winter!Sport!Museum! Mürzzuschlag geht es mit dem Bob durch den Eiskanal und danach in eine urige Schihütte. In Ratten im Oberen Feistritztal kann man im Blasmusik-Museum nicht nur die Musiktradition bestaunen, sondern auch selbst tröten.

Das Österreichische Luftfahrtmuseum Graz-Thalerhof lockt mit Flugzeugen aller Art und einem echten Flugsimulator.

Tirol: Im Fasnachtsmuseum Nassereith besitzen Schellen einen hohen Stellenwert. Im Glockenmuseum Innsbruck der Gießerei Grassmayr geht es um zarteres Geläut. Das Gemeindemuseum Absam besticht immer wieder durch kreative Projekte: So gestalteten Kinder und Jugendliche als Nachwuchsraumplaner aus 2.400 Zündholzschachteln ein neues Absam.

Vorarlberg: Automuseen gibt es viele, ein Rolls-Royce-Museum nur in Dornbirn. Die Nobelkarossen kann man nicht nur bewundern, sondern auch samt Chauffeur mieten. Mit dem historischen Feuerwehrauto kann man einmal pro Monat beim Feuerwehr-Oldtimer-Verein Hard ausrücken. Die Mädels kommen dagegen eher im Puppenmuseum Blons auf ihre Rechnung.

Wien: Die Bundeshauptstadt hat neben zahlreichen großen Bundesmuseen auch einen gewissen Hang zur Morbidität. Da wären etwa die Pathologisch-anatomische Sammlung im Narrenturm, das Kriminalmuseum Wien und das Bestattungsmuseum.

menschen11
Über Rasierspiegel für Strafgefangene und weitere sinnfreie Erfindungen kann man sich im Nonseum in Herrnbaumgarten (NÖ) erfreuen.