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Die aktuelle Gemeindefinanzprognose zeigt weiterhin keine Besserung der Gemeindebudgets. Gleichzeitig sind die Gemeinden gefordert, einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung zu leisten. Dabei sind die Handlungsspielräume der Gemeinden jedoch deutlich eingeschränkt, da sie stark von den Vorgaben von Bund und Ländern abhängen. Um Gemeindebudgets daher wieder zu stabilisieren, braucht es neben Sparmaßnahmen der Gemeinden jedenfalls auch strukturelle Reformen.
Von Karoline Mitterer
Österreichs Gemeinden tragen zentrale Verantwortung für die Daseinsvorsorge vor Ort – von der Kinderbetreuung bis zur Müllentsorgung, von Gemeindestraßen bis zu Kultureinrichtungen. Gleichzeitig sollen sie ihren Beitrag zur Konsolidierung des Staatshaushalts leisten. Zum unerwartet hohen Defizit des Staates in der Höhe von 22,5 Mrd. Euro im Jahr 2024 trugen auch die Gemeinden (ohne Wien) mit rund einer Milliarde Euro bei. Dabei sollten sie eigentlich ausgeglichen budgetieren.
Die finanzielle Schieflage hat mehrere Ursachen: Steuerreformen seit 2020 wurden ohne Gegenfinanzierung beschlossen, die pandemiebedingten und inflationsbedingten Mehrkosten der Krisenjahre schlagen weiterhin zu Buche und die gegenwärtige wirtschaftliche Abkühlung bremst die Einnahmenentwicklung spürbar. Demgegenüber stehen steigende Ausgaben – insbesondere bei der Kinderbetreuung, den Ganztagsschulen sowie bei den gesetzlich vorgeschriebenen Umlagen für Krankenanstalten, Pflege und Sozialhilfe.
Strukturelle Probleme weiterhin ungelöst. Zwar bringt das Regierungsprogramm Mehreinnahmen durch neue steuerliche Regelungen, doch diese reichen nicht aus, um die dynamisch steigenden Ausgaben zu kompensieren. Die jüngst veröffentlichte Gemeindefinanzprognose des KDZ geht weiterhin davon aus, dass fast jede zweite Gemeinde eine Abgangsgemeinde ist – also dauerhaft mehr ausgibt als einnimmt. Ohne deutliche Gegensteuerungsmaßnahmen ist hingegen von einer weiteren Verschlechterung der Lage auszugehen. Die KDZ-Prognose zeigt, dass bis 2028 von einem Euro, welchen die Städte und Gemeinden aus dem gemeinschaftlichen Steuertopf erhalten, durch diese Umlagen nur mehr 40 Cent bei den Städten und Gemeinden verbleiben, 2019 waren es immerhin noch über 50 Cent. Diese Entwicklung untergräbt die finanzielle Eigenständigkeit der Gemeinden und schwächt die Finanzierbarkeit der kommunalen Daseinsvorsorge.
Einsparpotenzial der Gemeinden eingeschränkt. Betrachtet man die Aufgabenbereiche der Gemeinden zeigt sich ein eingeschränktes Einsparpotenzial. In den großen Ausgabenbereichen – wie Soziales, Gesundheit, Pflichtschulen und Kinderbetreuung – besteht kein Spielraum. Diese Aufgabenbereiche sind durch gesetzliche Vorgaben oder steigenden Bedarf geprägt.
In der beigefügten Grafik werden die operativen und investiven Nettoausgaben der Gemeinden den potenziellen Einsparbereichen gegenübergestellt. Dies ist daher der Betrag, denn die Gemeinden nach Abzug von direkten Förderungen aus dem allgemeinen Steuertopf begleichen müssen. Die Einsparoptionen wurden nach einem Ampelsystem bewertet. Die Analyse zeigt: Bei den meisten großen Ausgabenblöcken bleibt faktisch kein Raum für Kürzungen. Die Umlagen werden von den Ländern vorgegeben, der Ausbau von Kindergärten und Ganztagsschulen ist politisch gewünscht und gesetzlich verankert.
Hingegen könnte sich im Bereich der allgemeinen Verwaltung und bei den Dienstleistungen ein teilweises Einsparpotenzial durch bessere Organisation ergeben. Besonders bedeutend könnten hier Gemeindekooperationen sein – etwa durch bessere Abstimmung der Angebote in Regionen bzw. die gemeinsame Leistungserbringung oder durch Verwaltungskooperationen.
Dort, wo tatsächlich ein gewisser Handlungsspielraum besteht – etwa bei Förderungen im Wirtschafts- und Kulturbereich – ist das finanzielle Volumen hingegen vergleichsweise klein. Selbst bei vollständigem Ausschöpfen dieser Potenziale können nur begrenzte Summen bewegt werden.
Weniger Personal, höhere Gebühren, weniger Investitionen. Soll das Defizit auf kommunaler Ebene signifikant reduziert werden, braucht es tiefgreifende Einsparmaßnahmen. Diese bestehen im Kern aus zwei Komponenten: einerseits der Anhebung von Gebühren und Leistungsentgelten über die Inflationsrate hinaus, andererseits einer Deckelung der laufenden Ausgaben – insbesondere für Personal und Sachaufwand – unterhalb der Inflationsrate.
Was auf den ersten Blick nach Effizienz klingt, bedeutet in der Praxis einen Personalabbau. Eine Reduktion der jährlichen Personalausgabensteigerung um ein Prozent entspricht dem Wegfall oder der Nicht-Nachbesetzung von je einem Prozent der Dienstposten. Diese Entwicklung steht in einem klaren Zielkonflikt zu den steigenden Anforderungen, etwa im Bereich der Kinderbetreuung und Ganztagsschulen. Hier wird mehr Personal benötigt, nicht weniger.
Eine weitere Möglichkeit, das Defizit zu reduzieren, ist das Zurückfahren von Investitionen. Zwar mag dies kurzfristig entlasten, langfristig droht jedoch ein Investitionsrückstau. Auch würde dies die ohnehin angeschlagene regionale Wirtschaft weiter schwächen.
Es braucht auch strukturelle Reformen. Besonders problematisch ist dabei, dass ein Großteil dessen, was die Gemeinden durch eigene Sparmaßnahmen erwirtschaften, nicht bei ihnen verbleibt, sondern über die Umlagen an Länder weiterfließt. So laufen lokale Konsolidierungsbemühungen ins Leere, während die finanzielle Eigenständigkeit der Gemeinden weiter schwindet.
Eine nachhaltige Lösung erfordert daher strukturelle Reformen. Insbesondere zu nennen sind hierbei:
• Reduktion der Umlagen – Die Gemeinden müssen aus der Mitfinanzierung von Sozialleistungen und Krankenanstalten zumindest teilweise entlassen werden.
• Reform der Grundsteuer – Eine sachgerechte Bewertung würde eine wichtige kommunale Abgabe absichern.
• Normative Entlastung – Vorgaben sollten kritisch evaluiert und reduziert werden.
• Gemeindekooperationen – Diese sollten stärker gefördert oder – bei hohem Synergiepotenzial – auch verpflichtend umgesetzt werden.
• Abgeltung von Mehraufgaben wie ÖPNV, Klimaschutz und Bildung
• Aufgabenorientierter Finanzausgleich – Die Mittelverteilung soll sich stärker an tatsächlichen Aufgaben und Versorgungsfunktionen orientieren.
Ein „Weiter so“ gefährdet die kommunale Daseinsvorsorge. Wenn sich die Rahmenbedingungen der Gemeinden nicht verbessern, sind tiefgreifende Einschnitte bei öffentlichen Leistungen unausweichlich. Als Folge sind eingeschränkte Öffnungszeiten, der Rückzug aus der Kultur- und Sportförderung oder der Verzicht auf notwendige Modernisierungen von Infrastruktur zu erwarten.
Die kommenden Jahre werden daher nicht nur finanziell, sondern auch politisch herausfordernd. Gemeinden stehen zwischen der Pflicht zur Konsolidierung und der Verantwortung für die Lebensqualität vor Ort. Wer jetzt nur auf pauschale Sparvorgaben reagiert, riskiert Substanzverlust – sowohl im buchstäblichen als auch im gesellschaftlichen Sinne.
Ohne entschlossene Reformschritte wird es nicht gelingen, die zentralen Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge ohne einen Kahlschlag kommunaler Leistungen zu erfüllen. Die Gemeinden brauchen keine einmaligen Zuschüsse, sondern verlässliche Strukturen, um ihre Verantwortung wahrnehmen zu können.
Die gesamte Gemeindefinanzprognose finden Sie hier:
www.kdz.eu/de/gemeindefinanzprognose-mai-2025