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Ist der Finanzausgleich zukunftsorientiert?

Bereits seit Anfang Oktober sind die Eckpunkte des neuen Finanzausgleichs bekannt. Es gibt zwar keine Anpassung des vertikalen Schlüssels, aber es wird für Länder und Gemeinden mehr Geld insbesondere für Gesundheit, Pflege und Kinderbetreuung geben. Doch wird dies reichen, um die Herausforderungen der nächsten Jahre zu meistern oder wird es trotz allem zu Leistungskürzungen kommen?
Von Mag.Peter Biwald und Dr. Karoline Mitterer, KDZ

Der Bund wird über den Finanzausgleich jährlich 2,4 Mrd. Euro zusätzlich an Länder und Gemeinden überweisen. Etwa eine Milliarde fließt in den Bereich Gesundheit und Pflege. Mit 1,1 Mrd. Euro wird ein Zukunftsfonds dotiert, welcher die Bereiche Kinderbetreuung, Wohnen und Klimaschutz abdecken soll. Der Rest sind Aufstockungen bestehender Finanzzuweisungen des Bundes an Länder und Gemeinden.
Besonders innovativ ist der neue Finanzausgleich dabei nicht. Grundlegende Reformen wurden erneut nach hinten verschoben, wie etwa die Grundsteuerreform, die Transferentflechtung oder die Finanzierbarkeit der Investitionen in Klimaschutz und Klimawandelanpassung.

Ein Zukunftsfonds, der keiner ist. Im Finanzausgleich sollten Einnahmen und Aufgaben in Einklang gebracht werden. Mit den Bereichen Gesundheit, Pflege und Kinderbetreuung finden sich drei Themenfelder, welche überdurchschnittlich dynamisch verlaufen und bei welchen die zusätzliche Finanzierungslast primär durch Länder und Gemeinden zu tragen ist. Der Forderung nach Anpassung des vertikalen Schlüssels wurde dabei von Seiten des Bundes nicht nachgekommen.

Der nun eingerichtete Zukunftsfonds ist als Ersatz des vertikalen Schlüssels zu sehen. Dies erklärt auch, dass die ursprünglich vom Bund vorgesehenen Zielvereinbarungen stark verwässert sind. Auch sind keine Konsequenzen vorgesehen, wenn die Zielerreichung verfehlt wird. Vielmehr ist der Zukunftsfonds als reines Finanzierungsinstrument zu sehen, um die Finanzierbarkeit des steigenden Finanzierungsbedarfes zumindest abzumildern. Er dient daher primär zur Absicherung des laufenden Betriebes, jedoch mit einem wichtigen Unterschied zum vertikalen Finanzausgleich: Die Gemeinden haben zwar einen Anspruch auf einen Teil der Mittel des Zukunftsfonds, müssen ihren Anteil jedoch mit den Ländern ausverhandeln.

Darüber hinausgehende Impulse sind nicht zu erwarten. Besonders deutlich wird dies bei der Kinderbetreuung. Durch die Verpflichtung in vielen Bundesländern zu kleineren Gruppengrößen wird sich in den Folgejahren das Personalproblem in der Elementarpädagogik noch weiter verschärfen und die Finanzierbarkeit zusätzlich erschwert. Angesichts der Gemeindefinanzprognose für die nächsten Jahre ist es wohl als Erfolg zu werten, wenn der Status Quo der Kinderbetreuung gehalten werden kann und nicht die Angebote zurückgefahren werden müssen.

Lösungen bei Klimaschutz versäumt. Völlig unzureichend wurde das Thema Klimaschutz und Klimawandelanpassung behandelt. Die Mehrinvestitionen für den Klimaschutz gegenüber dem Status Quo können alleine bei den Gemeinden auf 13 bis 29 Mrd. Euro bis 2030 geschätzt werden.
Das sind 1,7 bis 3,6 Mrd. Euro p.a.. Wieviel den Gemeinden aus dem Zukunftsfonds für Klimaschutzmaßnahmen zur Verfügung stehen, ist dabei noch offen. Es werden aber wohl unter 300 Mio. Euro p.a. sein. Hinzu kommen derzeit noch Mittel aus dem kommunalen Investitionsprogramm, welches zur Hälfte für Energieeffizienzmaßnahmen verwendet werden muss (hier wurden bereits vor den Finanzausgleichsverhandlungen 500 Mio. Euro für einen Zwei-Jahres-Zeitraum bereitgestellt). Das Programm ist jedoch zeitlich bis 2024 befristet. Für die Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen im städtischen ÖV fehlen weiterhin Finanzierungstöpfe. Die Ziele der Mobilitätswende werden jedoch scheitern, wenn die Städte hier nicht investieren können.

Keine Anreize für effiziente Zielerreichung . Nach wie vor gilt die Gießkanne als Mittel der Wahl bei der Verteilung der Gelder auf die Länder und Gemeinden. Dies wird uns in den nächsten Jahren vor große Probleme stellen. Die Wirtschaft schwächelt, die Inflation ist weiterhin hoch. Die Gemeindefinanzprognose für die nächsten Jahre ist äußerst ernüchternd, weshalb Leistungen gekürzt und die kommunalen Investitionen zurückgefahren werden müssen. Ein starker Anstieg an Abgangsgemeinden ist zu erwarten (in ersten Ländern wird bereits von 70 bis 100 Prozent der Gemeinden gesprochen), was dazu führt, dass die Gemeinde-Bedarfszuweisungen von den Ländern für die Abdeckung des laufenden Betriebes verwendet werden müssen und nicht mehr für Investitionszuschüsse bereitstehen.

Der Kuchen wird kleiner, die Aufgaben mehr. Umso wichtiger ist es, die Mittel möglichst effizient zu verteilen. Das bedeutet Aufgabenorientierung und Wirkungsbezug statt Gießkanne und Aufrechterhaltung ineffizienter Strukturen. Diese Diskussion wurde jedoch umschifft und steht wie ein grauer Elefant im Raum.

Weitere Aushöhlung der Gemeindeautonomie. Schlussendlich muss das Ergebnis auch als weitere Aushöhlung der Gemeindeautonomie gewertet werden. Wie auch bereits beim FAG 2017 fährt der Bund seine Verantwortung zur finanziellen Ausstattung der Gemeinden zurück und überlässt immer mehr den Ländern. Die Gemeinden geraten in eine immer stärkere Abhängigkeit von den Ländern. Die Ko-Finanzierungsverpflichtungen der Gemeinden in den Bereichen Soziales und Gesundheit sind erdrückend. So sind 2024 Steigerungsraten von 10 Prozent und mehr gegenüber dem Vorjahr keine Seltenheit.

Mit dem FAG 2024 wird den Ländern nun die Möglichkeit gegeben, auch frei über die Mittel des Zukunftsfonds zu entscheiden. Ein fixer Anteil für die Gemeinden wurde nicht vorgesehen. Ob und nach welchen Regeln ein Teil der Mittel auch an Gemeinden weitergegeben wird, wird die Zukunft weisen. Klar ist jedoch, dass die Gemeinden wieder einmal am kürzeren Ast sitzen.