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Gemeinde-Bonitätsranking 2023

Seit der Coronapandemie und dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine werden die österreichischen Kommunen gehörig durchgeschüttelt. Das macht die Analyse der Gemeindefinanzen, die das Zentrum für Verwaltungsforschung KDZ in Zusammenarbeit mit public jährlich für die Kür der 250 besten Gemeinden erstellt, auch heuer wieder besonders spannend.
Von Alexandra Keller

Schließlich schlagen in den Wohnorten der Österreicher alle aktuellen Probleme – von der Inflation bis zum Mitarbeitermangel – in besonders brutaler Weise auf. Sie müssen gelöst werden, selbst wenn die finanziellen Rahmen so eng sind wie noch nie. Der zwölfte kommunale Härtetest präsentiert die Besten. Und mit der Siegergemeinde Langkampfen strahlt die Beste im Westen.

Die Einsicht wird uns immer begleiten, jedes Ding im Leben hat zwei Seiten. Um allgemein Gegensätzliches in Worte zu fassen, gibt es zahlreiche schöne Sprüche. Um Gegensätzliches speziell in der kommunalen Welt zu beschreiben, gibt es Matrei in Osttirol. Als schönes Beispiel für die dunkle Seite quasi.
Angesichts des jüngst hochgekochten Finanzskandals in dieser Marktgemeinde, der eigentlich schon ziemlich alt und in seinen Dimensionen ziemlich ansehnlich ist, dürfen die Siegergemeinden des Bonitätsrankings 2023 jedenfalls noch mehr strahlen – und mit ihren Leistungen auch entsprechend prahlen. Wohl alle, die sich für Politik, konsequenzenreiche Parteiverflechtungen oder die zahnlosen Irrwege staatlicher Kontrolleinrichtungen interessieren, haben in den vergangenen Monaten den Blick nach Osttirol gerichtet. Um darüber zu staunen, was alles möglich ist, und sich eventuell auch zu fragen, welche Auswirkungen diese Episode auf die finanzielle Zukunft aller Gemeinden haben könnte.
„Bisher geht man davon aus, dass die öffentliche Hand zahlungsfähig ist und bleibt – wenn das erschüttert wird, ist das natürlich eine Zäsur“, sagt Peter Biwald, Geschäftsführer des Zentrum für Verwaltungsforschung KDZ. Dass Bund, Länder oder Kommunen ihre Rechnungen nicht zahlen können, ist im Bauplan der Republik schlicht nicht vorgesehen, weswegen die Entwicklungen in Matrei mit Argusaugen beobachtet werden.

„Wir werden unseren Beitrag leisten, auch wenn er noch so schmerzhaft für unsere Gemeinde ist. Wir müssen jetzt alle an einem Strang ziehen - auch die Finanzgläubiger, also die betroffenen Banken und Kreditinstitute, die an einer gemeinsamen Lösung mitarbeiten sollen“, sagte der relativ neue Matreier Bürgermeister Raimund Steiner Ende Mai 2023, als der Tilgungsplan für die Gemeinde Matrei präsentiert wurde. Das Verhalten der Banken und Kreditinstitute ist die Crux, in der ganz direkte Auswirkungen auf die kommunale Geldwelt stecken könnten – etwa, wenn die Finanzmarktaufsicht reagiert, mehr Eigenmittel fordert und die Finanzierung damit teurer wird. Ein Teufelskreis.

Aktuell ist in Matrei von Schulden in Höhe von über 35,7 Millionen Euro die Rede und vor allem davon, dass das Land Tirol der Gemeinde mit entsprechenden Bedarfszuweisungen aus dem Schlamassel helfen wird. Einem Schlamassel, das im Land schon lange bekannt ist und trotzdem ohne Konsequenzen für die Verursacher geblieben war. Von „massiv verzerrter Finanzlage“ war bereits 2015 die Rede, von „Verschleierung“, von „Fehlzuordnungen“ in der Buchhaltung und davon, dass die knapp 4.700 Einwohner zählende Gemeinde der Schuldenlast in Höhe von damals rund 40 Millionen Euro aus eigener Kraft nicht mehr Herr werden könne.

Bereits im Jahr 2011 staunten die Prüfer des Tiroler Landesrechnungshofes, als sie feststellen mussten, dass die Bezirkshauptmannschaft Lienz der Gemeinde Matrei innerhalb von nur neun Jahren Darlehensaufnahmen in Höhe von über 19 Millionen Euro genehmigt hatte. So erst soll der beachtliche Anstieg der Schulden möglich geworden sein, doch die Zwangsverwaltung, die im Mai 2015 im Raum gestanden ist, kam schlicht nicht. Die Finanzbombe tickte munter weiter und weil sie an eine politische Bombe gekoppelt war, stellte sich lange Zeit die Frage, ob sie überhaupt hochgehen darf. Sie durfte nicht. Und das darf sie offenkundig auch jetzt nicht.

Spannende Fragen. Im Mittelpunkt der möglicherweise bundesweit fatalen Geschichte steht der langjährige Bürgermeister der Gemeinde Matrei, Andreas Köll. Kölls Biografie ist tiefschwarz und sein Netzwerk war beziehungsweise ist es auch. Neben all den regionalen Funktionen im Bezirk Lienz war er AAB-Landesobmann, Landtagsabgeordneter sowie Mitglied des Bundesrates. Seine Beziehung zu Alt-Landeshauptmann Günther Platter soll ziemlich eng gewesen sein und als sich Platter 2022 – nach 14 Jahren an der Spitze des Landes – zurückzog, zog sich auch Köll von der Spitze der Gemeinde Matrei zurück – nachdem er dort 33 Jahre lang Bürgermeister gewesen war.

All die parteipolitischen Verwicklungen und Entwicklungen lesen sich wie eine Anleitung für regionale Machtpolitik. Frei nach Macchiavellis „Il principe“ – für Trachtenträger. Ein wenig ruhmreiches Kapitel muss darin gezwungenermaßen der Gemeindeaufsicht und ihrem Versagen gewidmet werden. „Die Gemeindeaufsicht sollte sich nicht so verstehen, dass sie generell die Autonomie der Gemeinden einschränkt, aber jene Gemeinden die in einer finanziellen Schieflage sind, brauchen entsprechende Unterstützung oder manchmal entsprechenden Druck“, sagt KDZ-Experte Peter Biwald und meint: „Das hat in Matrei wohl unzureichend oder gar nicht funktioniert.“
Warum das so war, bleibt eine spannende Frage. Vielleicht wird ein Bericht des Landesrechnungshofes Antworten liefern, vielleicht nicht. Markus Sint, Tiroler Landtagsabgeordneter der Liste Fritz, meinte jedenfalls gegenüber dem Profil, dass Köll „wie ein Zocker ein Loch zu- und ein anderes aufmachen konnte“ und das sei nur möglich gewesen, weil ihn die ÖVP-Spitze gewähren habe lassen: „Das ist nicht nur ein Köll-Fiasko, sondern auch ein ÖVP-Fiasko.“

Langkampfen die Siegergemeinde. Ob es zu einem kommunalen Fiasko wird, weil im Schatten der Matreier Geschichte die Finanzierungsgürtel für die österreichischen Gemeinden enger geschnallt werden, ist noch fraglich – aber möglich. Unmöglich scheint hingegen, dass Matrei in absehbarer Zeit unter jenen Gemeinden Österreichs zu finden sein wird, die das Beste aus ihrer finanziellen Lage machen und mit viel Geschick Spielräume schaffen, um ihren Bürger die Rahmen für ein rund laufendes Gemeindeleben zu bieten.

Zwischen der aktuell dunkelsten und der aktuell hellsten Seite kommunaler Fiskalpolitik liegen nur knapp 105 Straßenkilometer, der Alpenpass Felber Tauern, ein kleines Stückchen Salzburg, der Pass Thurn und vielleicht ein Kaffee in Kitzbühel – für jene, die eine Pause einlegen wollen. Im Bezirk Kufstein, an der nördlichen Seite des Inn, liegt mit Langkampfen die Siegergemeinde des diesjährigen Bonitätsrankings. „Die Botschaft über das Top-Ranking nehme ich gern zur Kenntnis und erwarte den ein oder anderen pikanten ‚Sager‘ meiner Bürgermeisterkollegen in unserer generell wirtschaftsstarken Region im Unterinntal“, sagt Bürgermeister Andreas Ehrenstrasser in einer ersten Reaktion.

In den jovialen Scharmützeln, die er anspricht, stecken meist verbale Schulterklopfer und vielleicht auch ein bisschen gesunder Neid, ist es der knapp 4.200 Einwohner zählenden Gemeinde doch gelungen, sich von Platz 27 im letzten Jahr auf das österreichische Siegerpodest zu arbeiten und festzustellen, dass die Luft in diesen Höhen nicht dünn ist, sondern nach Lorbeeren duftet.

Gründe für den Erfolg. Für diesen Erfolg hat Bürgermeister Ehrenstrasser zwei Erklärungen: „Einnahmenseitig hatten wir trotz Pandemiezeiten durch unsere Flaggschiffe Sandoz, Novartis und Stihl eine kontinuierliche Steigerung der Kommunalsteuer. Ausgabenseitig konnten in den letzten Jahren ein paar größere Projekte nicht umgesetzt werden, weil die Wirtschaft nicht in der Lage war, unserer Nachfrage nachzukommen.“ Bürgermeister Ehrenstrasser bezeichnet sich selbst als „Zahlenmensch“, er ist im Zivilberuf Betriebsprüfer beim Finanzamt, führt das blendende Bonitätsergebnis auch auf unerwartete Verzögerungen für Projekte im eigenen Wirkungsbereich zurück – und sagt: „Wenn alle Vorhaben umgesetzt sind, gehen sich die Top-100 im Ranking nicht mehr aus.“ Sein klarer Realitätssinn gegenüber der Momentaufnahme in Ehren, vorerst darf gefeiert werden in Langkampfen. Die Experten des KDZ stellen jedenfalls fest: „Insgesamt sind die Auszahlungen aus der operativen Gebarung geringfügig überdurchschnittlich, sodass sich mit den deutlich überdurchschnittlichen Einzahlungen aus der operativen Gebarung ein 2,5-mal so hoher Geldfluss aus der operativen Gebarung (Saldo 1) wie in den Tiroler Vergleichsgemeinden gleicher Größe ergibt. Die finanziellen Mittel werden zur Reduktion des bereits geringen Schuldenstandes verwendet. Die Gemeinde hat nur geringe Finanzschulden und ist quasi schuldenfrei und auch die gesamten Fremdmittel könnten durch die vorhandenen liquiden Mittel gedeckt werden.“ So klingt erfolgreiches Wirtschaften aus dem Munde jener, die das kommunale Zahlenspiel nicht nur zu lesen, sondern auch zu analysieren verstehen.

Die Bonität der Gemeinden. Schließlich ist die Bonität jeder Gemeinde ein Gradmesser für ihre Ur-kraft, die an sich schon höchst diffizilen Anforderungen und auf dieser Basis auch eventuelle Veränderungen positiv zu meistern. Und die Bonität der Gemeinden ist es ja, die public in Zusammenarbeit mit dem KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung – seit zwölf Jahren in den sommerlichen Fokus der kommunalen Aufmerksamkeit rückt. Um die 250 besten, also bonitätsstärksten Gemeinden Österreichs vor den Vorhang zu holen, weil sie in diesem Härtetest aus der Gemeinschaft der 2.094 Gemeinden herausstechen. Die Bundeshauptstadt Wien wird nicht traditionell gereiht. Sie ist diesbezüglich nicht zu vergleichen und schlicht zu groß, um mit ihren umfassenden Aufgaben und ihren rund 1,9 Millionen Einwohnern in Relation mit anderen Kommunen gesetzt werden zu können.

Alle anderen Gemeinden werden aber jährlich dem KDZ-Quicktest unterzogen, den die Experten des Zentrums für Verwaltungsforschung erarbeitet haben, um die Gebarung der Gemeinden vergleichbar zu machen. Die Haushalte werden dabei anhand ihrer Ertragskraft, Eigenfinanzierungskraft, Verschuldung und freien Finanzspritze auf ihre Bonität abgeklopft. Der Quicktest ist eine Momentaufnahme und kein finanzielles Orakel für die Zukunft. Die Ergebnisse zeigen aber auf, wo die Gemeinde steht, wie es um die Gemeinde steht und an welchen Rädchen sie drehen kann, um – noch – besser zu werden.

Auf Platz zwei Elixhausen. Die Salzburger Gemeinde Elixhausen ist besser geworden, selbst wenn sie schon lange richtig gut und im vergangenen Jahr beispielsweise auf Rang sechs des Bonitätsrankings zu finden gewesen war. „Die Ergebnisse des Rankings machen mich persönlich als Bürgermeister stolz und bestätigen die gute und nachhaltige Budgetierung der Gemeinde Elixhausen, die in den zuständigen Gremien auch einstimmig beschlossen wurde“, lässt der Bürgermeister von Elixhausen, Michael Prantner, verbal einen sanften Sektkorken knallen und hält weiter fest: „Selbstredend ist ein Ranking-Ergebnis immer nur eine Momentaufnahme, trotzdem zeigt das Ergebnis, dass eine vorausschauende und wirtschaftlich vertretbare Gebarung langfristig Stabilität und eine sehr gute Bonität für eine Gemeinde bewirkt. Dadurch ergeben sich auch Spielräume für notwendige Investitionen, die anders auch nicht möglich wären.“

Genau das ist es, worum es in den Gemeindestuben geht. Das gute beziehungsweise beste Abschneiden im jährlichen Bonitätsranking ist dafür die Bestätigung der Experten, ein Stockerlplatz, ein stolzmachendes Zuckerl. Zum Abschneiden der Gemeinde Elixhausen halten die KDZ-Experten fest: „Insgesamt ergibt sich für die operativen Auszahlungen ein deutlich unterdurchschnittliches Ergebnis, sodass auch trotz unterdurchschnittlicher operativer Einzahlungen ein rund 1,5-mal so hoher Geldfluss aus der operativen Gebarung (Saldo 1) im Vergleich mit anderen Salzburger Gemeinden gleicher Größe erzielt werden kann. Die finanziellen Mittel werden genutzt zum Aufbau von Rücklagen inkl. Zahlungsmittelreserven sowie zum Abbau der Finanzschulden. Die Gemeinde hat nur geringe Finanzschulden. Die gesamten Fremdmittel könnten durch die vorhandenen liquiden Mittel gedeckt werden.“ Schön.

Ergebnisse sind sehr knapp. Sorry, sie ist doch dünn, die nach Lorbeeren duftende Luft bei den Ranking-Besten. Im Zusammenhang mit den Bonitätswerten nämlich, dem Ergebnis des Quicktests, das nach dem Schulnotenprinzip dargestellt wird. Zwischen 1,08 (Langkampfen) und 1,29 (Fuschl am See) bewegen sich beispielsweise die besten 30 und an der Spitze ist es – laut Peter Biwald – „extrem knapp“.

Die Unterschiede erinnern fast an die Ergebnisse eines Schirennens und liegen zwischen der zweitgereihten Gemeinde Elixhausen mit ihrem Bonitätswert von 1,09 und der ebenso im nahen Speckgürtel Salzburgs gelegenen drittgereihten Gemeinde Elsbethen mit einem Wert von 1,10 gerade mal bei 0,01 Punkten. Ein Hundertstel klingt auf den Pisten schon nach „fast nichts“, kann im Endergebnis aber dennoch entscheidend sein.
Letztes Jahr war Elsbethen auf Rang 2 „gelandet“ und auf die Frage, ob das tolle Abschneiden im Jahr 2022 auch ein Ansporn dafür war, die eingeschlagenen Wege in der bewährten Form weiterzugehen, sagt Bürgermeister Franz Tiefenbacher: „Absolut! Das Ergebnis 2022 war eine tolle Bestätigung und Motivation einmal von außen, die bei uns sehr positiv aufgenommen worden ist. Wir werden jedenfalls versuchen, den eingeschlagenen Weg so gut wie möglich weiterzugehen. Unser langfristiger Anspruch ist, durchgehend bei den TOP-Gemeinden von Österreich vertreten zu sein. Vielleicht sind wir 2024 an 1. oder 2. Stelle? Der Jahresabschluss 2022 war besonders gut!“

Ja, die Bonitätsmeisterschaft von public und KDZ vermag gute Ambitionen zu befeuern. Auch die KDZ-Experten sind beeindruckt vom aktuellen Ergebnis der Gemeinde Elsbethen: „Insgesamt ergibt sich für die operativen Auszahlungen ein deutlich unterdurchschnittliches Ergebnis, sodass auch trotz unterdurchschnittlicher operativer Einzahlungen ein rund 1,5-mal so hoher Geldfluss aus der operativen Gebarung (Saldo 1) im Vergleich mit anderen Salzburger Gemeinden gleicher Größe erzielt werden kann.

Die finanziellen Mittel werden genutzt für überdurchschnittliche Investitionen und zum Abbau der Finanzschulden. Die Gemeinde hat nur geringe Finanzschulden und ist damit quasi schuldenfrei. Die gesamten Fremdmittel könnten durch die vorhandenen liquiden Mittel gedeckt werden.“

Der Blick in die Bundesländer. Quasi schuldenfrei zu sein, liegt selbstredend am umsichtigen Wirtschaften der Gemeindeführung, aber auch an den regionalen Rahmenbedingungen sowie dem Standort und der Art, wie dieser zum Wohl der Gemeinde beziehungsweise des Gemeindebudgets genutzt wird.

„Interessant ist hier auch der Blick in die Bundesländer, und hier fällt das Land Salzburg mit einem hohen Anteil an Gemeinden in den Top 10 und Top 50 auf. In Salzburg finden sich 25 Prozent beziehungsweise ein Viertel der Gemeinden im ersten Dezil, mehr als ein Drittel im obersten Fünftel sowie nur acht Prozent im untersten Fünftel – und das, obwohl es in Salzburg nur 119 Gemeinden gibt“, so Peter Biwald. Ein Dezil entspricht einem Zehntel aller 2.094 österreichischen Gemeinden, das heißt, dass 209 bis 210 Gemeinden ein Dezil bilden.
Die KDZ-Experten haben auch das fulminante Abschneiden der Salzburger Gemeinden analysiert und sind zu folgendem Schluss gekommen: „Dieses positive Bild der Salzburger Gemeinden ist der hohen Finanzkraft durch die hohen Ertragsanteile - aufgrund des höheren Steueraufkommens - sowie den gemeindeeigenen Steuern - aufgrund der Wirtschaftskraft – geschuldet. Die Transfers sind im Bundesland Salzburg in den vergangenen Jahren aufgrund landesinterner Reformen geringer angestiegen. Weiters führt der Bevölkerungszuwachs zu steigenden Einnahmen.“

Im strukturschwächeren Kärnten, dessen Gemeinden insgesamt die geringsten Bonitätswerte aufweisen, ist die Finanzkraft hingegen gering, die Bevölkerungszahl stagniert und die Transferzahlungen an das Land sind hoch. „Interessant ist auch das Abschneiden Vorarlbergs. Sieben Prozent der Gemeinden sind im ersten Dezil, 11 Prozent im obersten Fünftel und etwa ein Drittel der Gemeinden im untersten Fünftel“, so Peter Biwald.
Das überrascht, weil Vorarlberg an sich sehr finanzkräftig ist, doch hat dieses Abschneiden gute Gründe. Die Nähe zur Schweiz wirkt sich insofern aus, als dass die Löhne und Gehälter im westlichsten Bundesland um einiges höher sind und eben auch in der öffentlichen Verwaltung sein müssen. Die hohen Immobilienpreise führen zu höheren Ausgaben bei der Schaffung und Erhaltung der Infrastruktur. „Hinzu kommt, dass Vorarlberg eine sehr hohe Kinderbetreuungsquote und ein hohes Niveau im Sozialbereich hat“, erklärt Peter Biwald, wie die hohen Niveaus eines Standortes auf die Bonität der Gemeinden „rückwirken.“

Platz vier geht an Raaba-Grambach. In der Steiermark sind 15 Prozent der Gemeinden im obersten Fünftel und neun Prozent im ersten Dezil zu finden. In diesem Dezil ist die Marktgemeinde Raaba-Grambach die Königin, landete sie mit ihren Leistungen doch auf Rang vier des aktuellen Bonitätsrankings. „Das sind erfreuliche Nachrichten, und es bestätigt unser Handeln der letzten 20 Jahren. Dieses Ergebnis bestärkt und motiviert uns für die Zukunft. Ein Grund ist sicherlich, dass in der Marktgemeinde Raaba-Grambach zahlreiche Betriebe ansässig sind, welche zu den krisensicheren Branchen gezählt werden können“, freut sich der Raaba-Grambacher Bürgermeister Karl Mayrhold. Das KDZ ergänzt diese Analyse gerne und stellt zur Gemeinde Raaba-Grambach fest: „Insgesamt liegen die Auszahlungen aus der operativen Gebarung deutlich über dem Durchschnitt (rund 1,5-mal so hoch wie in den steirischen Vergleichsgemeinden). Mit den überdurchschnittlichen Einzahlungen aus der operativen Gebarung ergibt sich ein 3-mal so hoher Geldfluss aus der operativen Gebarung (Saldo 1) wie in den steirischen Vergleichsgemeinden gleicher Größe. Die finanziellen Mittel werden für überdurchschnittliche Investitionen, zum Aufbau von Rücklagen inkl. Zahlungsmittelreserven und zur Reduktion der Finanzschulden verwendet. Die Gemeinde könnte die gesamten Fremdmittel durch die vorhandenen liquiden Mittel decken.“

Wieder vorne mit dabei. Auch die fünftplatzierte Gemeinde ist eine Marktgemeinde und auch sie liegt in der Steiermark. Hartl ist es gelungen, sich in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt vorzuarbeiten. 2015 lag die Gemeinde noch auf Platz 71, 2019 war Hartl erstmals auf Platz vier und damit auf dem Podest der Besten gelandet und heuer ist sie schon wieder ganz vorne dabei. „Es macht mich und die gesamte Gemeindeführung sehr stolz, dass wir unter den besten fünf Gemeinden österreichweit bewertet wurden. Obwohl wir im Vorjahr bereits unter den 10 besten Gemeinden gereiht waren, war die Überraschung über den 5. Platz schon sehr groß. Jahrzehntelange Arbeit, bei der wir immer auf Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit geachtet haben, hat sich belohnt gemacht“, sagt Bürgermeister Hermann Grassl. Die KDZ-Experten können dem nur zustimmen, wenn sie in ihrer Analyse festhalten: „Insgesamt ergibt sich für die operativen Auszahlungen ein unterdurchschnittliches Ergebnis, sodass auch trotz unterdurchschnittlicher operativer Einzahlungen ein rund 1,5-mal so hoher Geldfluss aus der operativen Gebarung (Saldo 1) im Vergleich mit anderen steirischen Gemeinden gleicher Größe erzielt werden kann. Die finanziellen Mittel werden zur Reduktion des Schuldenstandes verwendet. Die gesamten Fremdmittel könnten durch die vorhandenen liquiden Mittel gedeckt werden. Die Investitionen sind in der Gemeinde Hartl vergleichsweise unterdurchschnittlich.“

Hinter die Kulissen der Finanzgebarung geblickt, fällt auf, dass Hartl mit der Gründung des Gewerbeparks im Jahr 2005 der Grundstein für eine gute wirtschaftliche Weiterentwicklung gesetzt worden ist. Mittlerweile haben sich dort 20 Betriebe mit ca. 700 Arbeitsplätzen angesiedelt und insgesamt gibt es in der 2.117 Einwohner zählenden Gemeinde rund 900 Arbeitsplätze, was die positive Entwicklung der Kommunalsteuer erklärt. „Nachdem die Gemeinde fast schuldenfrei – mit Ausnahme von Darlehen für die Abwasserbeseitigung, die jedoch durch Gebühreneinnahmen gedeckt sind – ist, ist hier ein wirtschaftlicher Spielraum gegeben, um notwendige und in die Zukunft gerichtete Investitionen zu tätigen. So konnten in den letzten drei Jahren der Glasfaserausbau flächendeckend für die gesamte Gemeinde umgesetzt werden“, kann Bürgermeister Grassl positiv in die kommenden Jahre blicken.

Bei diesem Blick müssen sich die Vertreter der österreichischen Gemeinden schon wieder wappnen und warm anziehen. Denn heuer, also im Rechnungsjahr 2023, muss extrem viel abgefedert werden. „Wir wissen, dass die Ertragsanteile stagnieren, die Ausgaben aber wachsen“, spricht Peter Biwald etwa die Steigerungen bei der Sozialhilfe oder die Gehaltsabschlüsse im Bereich der Krankenanstalten an, die um sieben, acht oder noch mehr Prozent steigen und zu Buche schlagen werden.

„Wir sind da in einer Durststrecke drin und ich befürchte, dass sich die Lage verschärfen wird“, sagt der KDZ-Geschäftsführer. Das nächste und damit 13. Bonitätsranking der österreichischen Gemeinden darf vor dem Hintergrund wieder mit Spannung erwartet werden. Der Countdown hat längst begonnen.  

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