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Highspeed-Internet im ländlichen Raum

Gigabit-fähiges Internet bildet die Basis für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit Österreichs, Stärkung der regionalen Wirtschaft sowie für die Digitalisierung der ländlichen Regionen. Wie geht es den Ländern und Gemeinden beim Ausbau der superschnellen Glasfasernetze? Von Tony Bayer

Die globale Digitalisierung von immer mehr Lebensbereichen ist heute ohne schnelle und stabile Internetverbindungen undenkbar. Der abrupte Umzug von Millionen Beschäftigten vom Büroarbeitsplatz ins Homeoffice während der Covid-19-Pandemie hat diesen Eindruck nochmals deutlich bestätigt. Doch schon zuvor benötigten Cloud-, Streaming- und Gamingdienste, Smart-Home-Anwendungen oder der Transfer großer Datenmengen Highspeed-Internet auf Basis stationärer bzw. mobiler Breitband-Technologien. Die modernste und derzeit schnellste Breitband-Technologie zur Übertragung von Daten ist Glasfaser. Hierbei werden die Informationen nicht elektrisch, sondern optisch über die verlegten Glasfaserkabel weitergeleitet. Diese Art der Übertragung ist über weite Entfernungen möglich und weniger störanfällig als traditionelle Technologien. Hinzu kommt, dass eine leistungsfähige und verlässliche Glasfaserinfrastruktur die Lebensqualität in den Gemeinden entscheidend verbessern wird. Dadurch werden Arbeitsplätze im ländlichen Raum gehalten, einer Landflucht vorgebeugt und neue Zukunftsperspektiven für Unternehmen geschaffen.

Joachim Otte, Geschäftsführer von Speed Connect Austria, meint dazu: „Die Bedeutung einer modernen Breitband-Glasfaserinfrastruktur für die Standortsicherung im ländlichen Raum ist in vielen Studien belegt.“

Zukunftssicheres Breitbandnetz bis 2030. Die Breitbandstrategie 2030 der österreichischen Regierung baut auf der Breitbandstrategie 2020 auf und zielt darauf ab, Österreich bis 2030 flächendeckend mit symmetrischen Gigabit-fähigen Zugangsnetzen zu versorgen. Jede Bürgerin und jeder Bürger, jedes Unternehmen und alle öffentlichen Einrichtungen sollen unabhängig von ihrer geografischen Lage die Chancen und technischen Möglichkeiten der Digitalisierung zu gleichen Bedingungen nutzen können. Für die operative Abwicklung der Förderungsinstrumente im Rahmen der Initiativen Breitband Austria 2020 und Breitband Austria 2030 ist die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) verantwortlich. Insgesamt 1,4 Milliarden Euro sollen in Österreich im Rahmen der zweiten Breitbandmilliarde bis 2026 in Form von Förderungen ausgegeben werden. Als zentrale Informations- und Servicestelle für Bürger, Gemeinden, Länder und Infrastrukturbetreiber im Breitbandbereich fungiert das im Bundesministerium für Finanzen (BMF) angesiedelte Breitbandbüro. Neben kostenlosen Individualberatungen und Workshops gibt es auch einen eigenen Breitbandatlas, der anhand von Landkarten die Verfügbarkeit fester und mobiler Breitbandnetze öffentlich zugänglich macht.

So wie verkehrssichere Straßen oder eine stabile Stromversorgung ein essenzieller Teil der kommunalen Infrastruktur sind, braucht es vor allem in ländlichen Gegenden rasch ein zukunftssicheres Übertragungsmedium, um das Internet durch den Einsatz von Glasfasernetzen und den flächendeckenden Ausbau von 5G mit Übertragungsgeschwindigkeiten in Gigabit-Höhe zu beschleunigen. „Gerade in kleineren Gemeinden abseits der urbanen Ballungszentren sowie in Streusiedelungsgebieten ist die Umsetzung oft schwierig und kostenintensiv. Allein für die Steiermark sind deshalb über 240 Millionen Euro an staatlichen Fördermitteln reserviert, die zusätzliche Investitionen von über 500 Millionen Euro auslösen und neue Glasfasernetze in 121 steirischen Gemeinden bringen werden“, berichtet Digitalisierungsstaatssekretär Florian Tursky.

Joachim Otte, die treibende Kraft im Team von Speed Connect Austria, betont, dass seine Aktivitäten nicht von Förderungen abhängig sind: „Wir bauen auch ohne Förderungen, weil wir einen sehr langfristigen Horizont haben. Wir verlangen auch keine Kostenzuschüsse von den Gemeinden oder eine Mindestquote anschlusswilliger Haushalte. Alles, was wir brauchen, um mit der flächendeckenden Netzerrichtung zu beginnen, ist eine Zustimmung der Gemeinde.“

Oberösterreich bündelt Glasfaser-Agenden. Erst im Vorjahr haben das Land Oberösterreich und die Energie AG ihre Glasfaser-Aktivitäten reorganisiert und unter dem Dach der neuen Gesellschaft Breitband Oberösterreich (BBOÖ) zusammengefasst. „Wir versorgen in Oberösterreich derzeit 300 von 438 Gemeinden mit Glasfaser-Internet. Mit einer Downloadrate von mehr als 30 Mbit/Sekunde beträgt unser Ausbaugrad bereits stolze 85 Prozent. Damit kann man einen Film problemlos streamen und gleichzeitig mit dem Handy im Internet surfen“, erzählt Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner. Gefördert wurde Oberösterreich übrigens mit mehr als 160 Millionen Euro aus der ersten Breitbandmilliarde sowie durch zusätzliche Landesmittel in Höhe von 145 Millionen Euro. Bis 2025 werden Investitionen von 900 Millionen Euro erwartet, dadurch würden auch viele heimische Unternehmen und in weiterer Folge die Arbeitskräfte in Form von sicheren Arbeitsplätzen profitieren.

Bis Ende 2023 soll unter anderem auch die Errichtung eines modernen Glasfasernetzes in der kleinen oberösterreichischen Marktgemeinde Obernberg am Inn finalisiert werden. Kooperationspartner ist in diesem Fall – wie im Gemeinderat einstimmig beschlossen – die Österreichische Glasfaser-Infrastrukturgesellschaft (öGIG), die für Planung, Projektierung, Finanzierung und Bau bis hin zum passiven Netzbetrieb verantwortlich ist. Als eine 100-%-Tochter der Allianz Gruppe baut die öGIG seit 2019 mit rund einer Milliarde Euro Eigenkapital FTTH-Netze im ländlichen Raum. „Bei uns wird die öGIG ihr offenes öFIBER-Netz errichten und damit allen Haushalten und Betrieben die freie Wahl ihres Internetanbieters ermöglichen“, erzählt Bürgermeister Martin Bruckbauer. „Internetprobleme werden wir dadurch in den nächsten Jahrzehnten sicher nicht mehr haben und auch nicht mehr bekommen.“

160 Glasfaser-Projekte im Westen gestartet. Im Bundesland Tirol werden mit Unterstützung der Breitbandserviceagentur Tirol GmbH vor allem neutrale Glasfasernetze errichtet, welche regionalen Netzbetreibern zur Nutzung zur Verfügung stehen. Für den Endkunden ergibt sich dadurch eine freie Wahl des Netzbetreibers. 194 Tiroler Gemeinden und 21 Planungsverbände haben aktuell (Stand: Dezember 2022) mit dem Ausbau der Infrastruktur für ultraschnelles Internet bereits gestartet oder starten in Kürze – 160 Projekte laufen derzeit in Tirol. „Seit 2014 wurden rund 204.000 Menschen in Tirol mit Glasfaseranschlüssen versorgt“, erklärt Landesrat Mario Gerber, verantwortlich für die Bereiche Tourismus, Wirtschaft und Digitalisierung. „Während damit bereits jetzt in Tirol eine umfassende Infrastruktur für schnelles Internet bereitsteht, werden mit dem Jahr 2023 insgesamt 261.000 Menschen mittels eigenem Glasfaseranschluss Zugang zu ultraschnellem Internet und damit Gigabit-Übertragungsmöglichkeiten haben.“    

Neuer Datenhighway für Kärntner Kurort. Christian Hecher, Bürgermeister von Bad Bleiberg im Bezirk Villach-Land, hat sich persönlich für einen Glasfaserausbau in seiner Gemeinde eingesetzt. „Für mich ist schon vor Jahren klar gewesen, dass das die Zukunft ist und dass wir als Gemeinde alle Anstrengungen unternehmen müssen, um hier vorne dabei zu sein. In den vergangenen zwei Jahren haben wir unsere Hausaufgaben gemacht, bei Tiefbauprojekten Synergien genutzt und Leerrohre mitverlegt. Aus diesen vielen kleinen Insellösungen entsteht jetzt ein großes Ganzes“, betont Hecher. Für die Gesundheits- und Tourismusgemeinde Bad Bleiberg ist die Anbindung an den ultraschnellen Datenhighway eine weitere wichtige Säule zur Steigerung der Attraktivität. „Wir sind bereits auf dem Weg in die digitale Zukunft, denn in unserem Hochtal wird gerade ein Millionenbetrag in das Glasfasernetz investiert. Durch die Synergien der beiden Partner Breitbandinitiative Kärnten (BIK) und Kelag-Connect kann nun endlich der möglichst flächendeckende Ausbau von Hochgeschwindigkeits-Internet in Bad Bleiberg realisiert werden“, zeigt sich der Bürgermeister erfreut. „Zusätzlich arbeiten wir daran, dass für jene Gebäude, die sich derzeit nicht im Ausbaugebiet befinden, eine spezielle Lösung gefunden wird.“
Und in Feldkirchen, der Bezirkshauptstadt mit 500 Meter Höhenunterschied alleine im Gemeindegebiet, hat Speed Connect Austria die Aufgabe übernommen, die Stadt und die umliegenden Siedlungsgebiete mit Glasfaser zu versorgen.

Bauwirtschaft bleibt Nadelöhr. Fakt ist aber auch, dass sich der Ausbau allein durch die zusätzlichen Millionen des Bundes nicht beschleunigen lässt. Denn die bisher übliche Verlegung im klassischen Tiefbau ist zwar eine bewährte Technik, jedoch meist mit hohem Kostenaufwand und langen Bauzeiten verbunden. „Der Engpassfaktor bei diesem großangelegten Infrastrukturprojekt ist eindeutig die Bauwirtschaft, die europaweit mit anhaltendem Material- und Personalmangel zu kämpfen hat. Außerdem befinden sich viele Planer, Hersteller und Betreiber gleichzeitig am Markt, die den Glasfaser-Breitbandausbau weiter vorantreiben wollen und dabei oft mit uneinheitlichen Normen und Standards konfrontiert sind“, kommentiert ein langjähriger Brancheninsider auf Nachfrage.

Beim aktuellen Ausbau der zahlreichen Ortsnetze würden laut Meinung von Experten auch Synergiepotenziale in der Umsetzung vielfach ungenutzt bleiben – beispielsweise durch die Möglichkeit der Mitverlegung von Leerrohren vor anstehenden Tiefbauprojekten in den Gemeinden. Daher erhebt zum Beispiel Speed Connect Austria bestehende Infrastruktur wie etwa Leerrohre und stimmt geplante oder laufende Bauprojekte mit der Gemeinde im Hinblick auf Mitverlegung oder Mitnutzung ab. Eine solche Vorgehensweise in Form eines eigenen Breitbandkonzeptes würde selbst dann Sinn machen, wenn die Infrastruktur nicht sofort nutzbar ist. Dasselbe gilt übrigens bei der Errichtung von Eigenheimen und Wohnanlagen: Zukünftige Bauherren sollten ebenfalls noch viel stärker darauf hingewiesen werden, dass es sich lohnt, eine Leerverrohrung im Zuge der Bauarbeiten gleich mit zu verlegen.