wirtschaft politik service

G. Lombardo - Adobe Stock

Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften

Ein regionaler militärischer Konflikt in Europa zeigt auf, welche Auswirkungen dieser auf die gesamte europäische Wirtschaft haben kann und in welcher Geschwindigkeit sich die Lage auf dem Energiemarkt ändert. Eine drohende Energiekrise ist nun in aller Munde.

Um ein Umdenken in der Energiewirtschaft auch rechtlich zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten geschaffen. Eine davon ist die im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz verankerte Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft. Laut Gesetz darf die Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft „Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugen, die eigenerzeugte Energie verbrauchen, speichern oder verkaufen. Weiters darf sie im Bereich der Aggregierung tätig sein und andere Energiedienstleistungen erbringen.“

Der größte Unterschied zur bereits 2017 eingeführten „Energiegemeinschaft Light“ besteht darin, dass die einzelnen Mitglieder dieser Gemeinschaft nicht direkt verbunden sein müssen, sondern das öffentliche Stromnetz als Verbindung genutzt werden kann. Vereinfacht dargestellt, während bislang alle Parteien in einem Mehrparteienhaus den Strom eines gemeinschaftlich genutzten Solarpanels nutzen, könnte in Zukunft ein ganzer Ortsteil davon profitieren. Das Ergebnis bringt für alle Vorteile. Einerseits ist auf die umweltfreundliche Stromerzeugung hinzuweisen, andererseits ist aber auch eine Versorgungssicherheit der jeweiligen dadurch energietechnisch autarken Gemeinde gegeben. Letztlich würde auch der einzelne Nutzer davon profitieren, da jedenfalls weniger und im Bestfall keine Energie „eingekauft“ werden müsste.

Voraussetzungen und Verträge. Voraussetzung für eine Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft ist, dass diese Gemeinschaft eine eigene Rechtspersönlichkeit hat. Das heißt, es muss eine Gesellschaft, ein Verein oder eine Genossenschaft gegründet werden. Weiters muss die Gemeinschaft zumindest zwei Mitglieder haben, diese können Private, Klein- und Mittelunternehmen, aber auch Gemeinden sein.

Der Zweck dieser Gemeinschaft muss darin bestehen, eine gemeinsame Nutzung der erzeugten Energie sicherzustellen. Außerdem muss die Gemeinschaft vorwiegend gemeinnützig sein und ihren Mitgliedern einen ökologischen, wirtschaftlichen oder sozialgemeinschaftlichen Vorteil bringen. Der Verkauf der überschüssigen Energie ist zwar zulässig, darf aber nicht Hauptzweck der Gemeinschaft sein. Da hauptsächlich der lokale Nahbereich versorgt werden soll, hat die Energiegemeinschaft einen Rechtsanspruch auf Nutzung der regionalen Mittel- bzw Niederspannungsleitungen (Netzebene 5 bis 7). Eine Nutzung der Ebenen 1 bis 4 ist allerdings nicht zulässig.

Als Nachteil der Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft kann der Verwaltungsaufwand angesehen werden. Insbesondere die Gründung der Gemeinschaft erfordert einen durchdachten Vertrag, der die besonderen Facetten wie einen möglichen Beitritt neuer Mitglieder und auch die Kostenverteilung berücksichtigt. Zusätzlich zu diesem Vertrag ist auch ein separater Netzzugangsvertrag mit dem Netzbetreiber abzuschließen. Es ist auch vertraglich zu regeln, wie mit dem überschüssig erzeugten Strom umgegangen werden soll. Hierzu besteht als Variante, dass die Gemeinschaft oder aber jedes einzelne Mitglied diesen Strom an den Netzbetreiber veräußert. Auch gilt es vorzusorgen für den Fall, dass die Energieerzeugungsanlage nicht ausreichend Energie produziert. Für derartige Fälle sollte ein entsprechender Stromliefervertrag als Back-up vereinbart werden.

Versorgungssicherheit schaffen. Die Ausgestaltung einer Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft bedarf zwar eines erhöhten Aufwandes bei der Errichtung, allerdings bietet diese Form der Energieerzeugung langfristig viele Vorteile. Insbesondere zum jetzigen Zeitpunkt zeigt sich, dass eine gewisse regionale Autarkie Versorgungssicherheit bietet.

Für Gemeinden sind derartige Projekte besonders relevant, da entweder die Gemeinde selbst als Mitglied einer Gemeinschaft beitritt oder einzelne Tochterunternehmen der Gemeinde gemeinsam eine Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft bilden können. Hierzu wird beispielsweise auf die Stadtgemeinde Lilienfeld verwiesen, die auf ihren Schulgebäuden bzw. auf dem Sportplatz Photovoltaikanlagen betreibt. Damit werden die Schulen während der Schulzeit und in der Ferienzeit das örtliche Schwimmbad mit Energie versorgt.

Abschließend sei auch hervorgehoben, dass zahlreiche Fördermöglichkeiten für derartige Projekte bestehen, die sowohl den Anlauf unterstützen als auch laufend Prämien bzw. Vorzüge bei Netzgebühren bieten.

In Summe bieten Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften neben den ökologischen Aspekten auch wirtschaftliche Vorteile, die der Gemeinde und den Bewohnern zugutekommen. Daher sollten diese Möglichkeiten bei etwaigen strategischen Überlegungen der Gemeinde in Erwägung gezogen werden und könnten in Zukunft bei geplanten Bauvorhaben oder bereits bestehenden Anlagen berücksichtigt werden.

Information:

Prof. Dr. Michael Breitenfeld und Mag. Robert Ertl, Breitenfeld Rechtsanwälte GmbH & Co KG
» www.kanzlei-breitenfeld.at